In Niedersachsen gibt es insgesamt mehr als 90 Jugendwerkstätten, die von mehreren Stellen finanziell gefördert werden. Einige Einrichtungen seien trotzdem von der Schließung bedroht, weil die Kosten nicht aufgefangen werden können. „Die Jugendwerkstätten haben Probleme mit der Finanzierung. Es muss geguckt werden, wie das Geld aufgeteilt wird“, sagt Geschäftsführer Gerd Meyerdierks.
Wie hoch die finanzielle Unterstützung für die Jugendwerkstatt in Gifhorn in den kommenden Jahren ausfällt, ist noch nicht geklärt. Der niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, Deniz Kurku, weiß um die prekäre Situation. „Die Jugendwerkstätten stehen vor der Herausforderung, dass erst das Zusammenspiel verschiedener Fördermöglichkeiten eine ausreichende Finanzierung für ihr breites Angebot ermöglicht. Das Land Niedersachsen fördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, dazu kommen Gelder über die Jobcenter und die Kommunen“, erläutert Kurku.
In der Gifhorner Jugendwerkstatt gibt es drei Arbeitsfelder: Hauswirtschaft, Landschaft/Naturschutz und die Tischlerei. Die 18-jährige Emely und der 19-jährige Marlon konnten wegen psychischer Probleme nicht mehr am Schulunterricht teilnehmen. Die Jugendwerkstatt soll ihnen einen geregelten Alltag zurückbringen. „Die Arbeit hilft sehr. Wenn es eine Schließung gäbe, wäre das sehr schlimm“, sagt Marlon. Die berufliche Zukunft ist durch die Arbeitsbereiche nicht vorgeschrieben. Schließlich gehe es um vielmehr als die Praxis „Es geht auch um Pünktlichkeit oder den Umgang mit Vorgesetzten“, sagt Papachristou.
Das Aufgabenfeld der Jugendwerkstätten wird größer. Immer häufiger kommen auch unbegleitete jugendliche Flüchtlinge nach Gifhorn. Kinder und Jugendliche werden fünf Tage nach Zuzug in Niedersachsen schulpflichtig, das gilt auch für Geflüchtete. Doch trotz Schulpflicht werden die neu angekommenen Jugendlichen von Schulen abgewiesen und finden keinen Schulplatz. Auch für sie ist die Jugendwerkstatt eine wichtige Anlaufstelle. Um die Jugendlichen auf das deutsche Bildungssystem und die Gegebenheiten vorzubereiten, wurde kurzfristig der „Schulsommer 2023“ ins Leben gerufen.
Das Pilotprojekt entstand im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Gifhorn. Insgesamt 25 jugendliche Flüchtlinge wurden in zwei Phasen unterrichtet. Zuerst richtete sich das Programm an elf Schüler ohne Schulplatz. Dann wurden 23 Jugendliche in einer freiwilligen Ferienschule während der Sommerferien geschult. Neun Jugendliche aus der ersten Phase nahmen auch am freiwilligen Programm teil. Dazu kamen 14 weitere Jugendliche, die nur an der zweiten Phase teilnahmen. „Die Bildungsvoraussetzungen der Jugendlichen war sehr unterschiedlich. Der gemeinsame Unterricht war eine Herausforderung“, sagt Josefin zum Felde, Abteilungsleiterin der Stabstelle Integration beim Landkreis Gifhorn.
Das Projekt wird als Erfolg betitelt: „Zwölf Teilnehmenden wird ein erfolgreicher Schulbesuch mit mindestens einem Hauptschulabschluss zugetraut. Dabei sind auch zwei Jugendliche, die in ihrem Heimatland kaum oder keine Schule besuchen konnten und beim Projekt einen erheblichen Lernfortschritt zeigten“, sagt zum Felde. Auch Kurku bewertet das Pilotprojekt positiv: „Der Schulsommer hat nicht nur das Ankommen der jungen Menschen hier im Landkreis insgesamt verbessert, sondern als Schulvorbereitungsprojekt dazu beigetragen, dass sie im Anschluss gezielt in für sie passende Schul- und Lernformen vermittelt werden können.“
Der „Schulsommer 2023“ war ein Pilotprojekt und soll im kommenden Sommer nicht erneut angeboten werden. „Es wird als lobenswertes Beispiel gewürdigt und im besten Fall ergeben sich daraus besondere Finanzierungsmöglichkeiten als Leuchtturmprojekt“, gibt Anja-Carina Riechert, Sprecherin der Kreisverwaltung bekannt. Damit hätte die Gifhorner Jugendwerkstatt an Prestige gewonnen. Zuletzt machte sich Kurku selbst ein Bild vor Ort. „Nur so wird klar, welche Strukturen der Integration und Teilhabe funktionieren“, sagt Kurku.