„Ich bin entsetzt“, sagt Gifhorns Polizeichef Oliver Meyer über die Verbreitung von Fotos und Videos der Toten im Peiner Fall. „Mich macht betroffen, dass die Hemmschwelle so gering ist.“ Auch DRK-Vorstand Sandro Pietrantoni kann darüber nur den Kopf schütteln. „Unglaublich.“ Nach seiner Ansicht haben solche Menschen nicht gelernt, verantwortungsvoll mit sozialen Medien umzugehen.
Die Gedankenlosigkeit, mit der Neugierige schnell mal Fotos von Unfällen posten, ist für Meyers Leute inzwischen nichts Neues. Das kann für Betroffene schlimme Folgen haben. Bei einem Unfall im Kreis Gifhorn neulich hatte die Polizei Medienberichterstatter gebeten, mit der Veröffentlichung noch zu warten, weil die Angehörigen eines Unfallopfers noch nicht informiert waren. Und in der Tat waren es dann die „Profis“, die den Angehörigen die schlimme Nachricht als Erste übermitteln konnten. „In einem anderen Fall hat das nicht geklappt“, erinnert sich Meyer. Es sei aber wichtig, dass geschulte Leute dies übernehmen: „Nur die Nachricht überbringen reicht nicht.“ Vom Unfalltod eines nahen Menschen zu erfahren, dürfe man eben nicht Facebook und Co. überlassen, sondern erfordere Fingerspitzengefühl.
Es geht laut Meyer nicht nur um Ethik und Moral. Solche Fälle wie jetzt in Peine haben unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen. Schnell seien Persönlichkeitsrechte anderer Menschen betroffen wie das Recht aufs eigene Bild und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. „Das ist ein hohes Rechtsgut.“ Und sei Inhalt eines entsprechenden Artikels des Grundgesetzes (Artikel 2 des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts).
„Datenschutz spielt auch eine Rolle“, sagt Meyer. Auch dazu gibt es ein Beispiel aus dem Kreis Gifhorn. Bei einer spektakulären Verfolgungsjagd im vorigen Jahr in Leiferde war ein auffälliger Sportwagen beteiligt, von dem nach nur kurzer Zeit entsprechende Bilder in den sozialen Medien kursierten. „Das kann man nicht gänzlich verhindern, weil jeder ein Smartphone hat“, weiß Meyer.
Viral ging in diesem Jahr auch ein Video, das eine handfeste Auseinandersetzung inklusive Polizeieinsatz an der Braunschweiger Straße in Gifhorn zeigt. Dass nicht nur solche Streitigkeiten, sondern gern auch das „polizeiliche Agieren“ gefilmt, hochgeladen und kommentiert wird, stellen Meyers Leute immer wieder fest. In der Braunschweiger Innenstadt sei das gang und gäbe.
Die Gifhorner Feuerwehr baut inzwischen Zelte an Brandorten auf, in denen sich die Feuerwehrleute nach dem Einsatz umziehen, sagt Ortsbrandmeister Uwe Michel. So gewährleiste man die Intimsphäre der Leute. So weit, dass sie zum Beispiel Unfallopfer mit Sichtschutz vor neugierigen Blicken und Kameralinsen schützen müssten, sei man aber noch nicht. „Dafür sorgen wir schon“, verweist Meyer auf weiträumige Absperrungen. Laut Pietrantoni wirkt das in der Regel.
Von Schaulustigen lassen sich Gifhorns Feuerwehrleute nicht irritieren, sagt Michel. Während des Einsatzes seien sie auf ihre Aufgaben fokussiert. Ärgerlich werde es, wenn später irgendwo im Internet unerwünschtes Bildmaterial auftauche.