Insgesamt war 2023 das nasseste Jahr in Gifhorn seit Jahrzehnten. Die Landwirtschaftskammer maß 988 Millimeter Niederschlag als Jahreswert, das war noch mehr als im ebenfalls rekordverdächtig regnerischen 2017 (932,40 Millimeter). Laut Daniel Dönni von der Landwirtschaftskammer ist 2024 bisher nicht viel trockener. Die ersten sechs Monate kommen auf fast 400 Millimeter, bis in die ersten Juli-Tage hinein sind es nun auch schon wieder 431 Millimeter. Bliebe es so, wären es am Ende fast 800 Millimeter, das zehnjährige Jahresmittel liegt bei 652,73 Millimetern, das 50-jährige bei 672,34.
Nimmt man nun den Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024, wird Gifhorn sogar vierstellig und kommt auf 1017,6 Millimeter. Allein die zweite Hälfte 2023 steuert 625 Millimeter dazu bei. Besonders nass waren der August mit 113,5 Millimetern (60,63 sind das zehnjährige Mittel), der November mit 126,1 Millimetern (46,64) und der Dezember mit 166,60 Millimetern (56,71). Über Weihnachten und bis weit nach dem Jahreswechsel waren Hochwasser in vielen Gebieten im Kreis Gifhorn die Folge, nicht nur entlang von Oker und Aller.
In diesem Jahr ragen bislang der Februar mit 88,80 Millimetern (50,4 im zehnjährigen Mittel) und der Mai mit 84,4 Millimetern (59,31) heraus. Deutlich zu trocken war kein Monat, am weitesten unter dem Schnitt lag bislang der Juni mit 57 statt 67,65 Millimetern.
Die Landwirtschaft habe seitdem mit den Folgen ihre Last, so Dönni. Im Winter sei die Aussaat des Wintergetreides wegen überschwemmter oder wegen der Nässe nicht befahrbarer Flächen oft nicht möglich gewesen. Auch der Pflanzenschutz sei deshalb auf weiten Strecken eingeschränkt.
Während Klaus-Dieter Böse, Geschäftsführer des Kreislandvolks, die Branche in der Region beim Getreide noch mit einem blauen Auge davon gekommen sieht, sei die Kraut- und Knollenfäule bei der Kartoffel aktuell ein Problem. Das ziehe einen erheblichen Arbeitsaufwand nach sich. Auch allgemein gelte: „Der Pilzdruck ist auf jeden Fall gegeben“, sagt Böse. Beide Fachleute weisen darauf hin, dass zwar Wärme und Feuchtigkeit für sich jeweils einen guten Einfluss auf das Wachstum hätten, in Kombination aber in gewissen Fällen auch zu viel des Guten seien.
Böse und Dönni sehen in den überdurchschnittlichen Niederschlägen auch ihr Gutes. Die Wasserspeicher in den Böden seien endlich wieder gefüllt. Über mehrere Jahre habe man auf weiten Strecken beregnen müssen – was zu Lasten der Kontingente ging, sagt Böse. Nun könne man diese endlich mal schonen.
Die Kontingente gelten über zehn Jahre: Was in dieser Zeit in einem Jahr, wie zum Beispiel in den Dürrejahren 2018 und 2019, zu viel beregnet wurde, muss in Folgejahren wieder eingespart werden, um das Grundwasser zu schonen.
Auch die Förster können mit den nassen Monaten gut leben. Endlich bekämen die Bäume wieder Wasser und könnten damit widerstandsfähiger gegen Schädlinge und andere Krankheiten werden, heißt es im Forstamt Südostheide. Doch ob der Regen der vergangenen Monate die vergangenen Trockenjahre und ihre Folgen ausgleichen kann, werde sich erst später zeigen.