„Inwieweit das Corona-Virus SARS-CoV-2 dabei auch eine Rolle spielt, lässt sich mit Sicherheit nicht sagen. Jedenfalls gibt es nach wie vor Corona-Infektionen. Dass so auffällig viele Patienten mit Erkältungssymptomen in die Praxen kommen, spricht für Corona“, sagte Detlef Haffke von der KVN auf Anfrage. „Die aktuellen Corona-Omikron-Varianten sind hochansteckend, aber nicht gefährlich. Die Patienten zeigen grippeähnliche Symptome.“
Auch in den Arztpraxen im Kreis Gifhorn macht sich der verschnupfte Sommer bemerkbar. „Das kann ich so bestätigen“, sagte Carsten Gieseking, Sprecher des Gifhorner Hausärzteverbandes. Wie viel dabei auf das Konto von Corona gehe, sei schwer zu sagen. In seiner Praxis werde nicht mehr auf das Virus getestet. „Wir behandeln es nicht anders als ein Rhino- oder RSV-Virus.“ Die Erkrankungen verliefen in der Regel mild. Dafür testeten sich die Menschen im Ort nach Feiern oder Rückkehrer von Kreuzfahrten bei Verdacht selbst auf Corona.
Es sei gut, dass die telefonische Krankschreibung wieder möglich sei. „Wenn die Leute Corona haben, möchten wir sie natürlich möglichst nicht in der Praxis haben und schreiben sie telefonisch krank“, so Gieseking. Bei in der Praxis bekannten Patienten sei dies kein Problem. „Wenn ich weiß, dass jemand Migräne hat und einen Tag krank geschrieben werden muss, soll der sich nicht ins Wartezimmer neben die hustenden Patienten setzen müssen.“ Auch die elektronische Krankschreibung entlaste die Arztpraxis. Trotz auffällig hoher Erkältungszahlen laufe der Betrieb auch in diesen Sommerferien ruhiger als üblich.„Wir haben vermehrt Erkrankungen wie Husten und Schnupfen, die sonst eher für den Winter typisch sind“, sagt auch Dr. Klaus-Achim Ehlers, Hausarzt in Gifhorn und Kreissprecher der Kassenärztlichen Vereinigung. Seine Praxis sei derzeit „hoch ausgelastet“. „Wir waren das nicht mehr gewöhnt. Durch Masken und Kontaktbeschränkungen haben wir in den vergangenen Jahren viel weniger Infekte gehabt als sonst. Jetzt gehen wir langsam wieder in den Normalzustand über.“ Auf Corona werde auch in seiner Praxis nur sporadisch getestet. „Die Infektionen verlaufen in der Regel harmlos.“
Gleichzeitig zeigt sich der Effekt der Sommerferien sowie der Werksferien wie etwa in Wolfsburg: „In dieser Woche läuft alles ganz normal. In der ersten Juli-Woche gab es allerdings sehr verstärkt Infekte“, sagte Elisabeth M. Roeder-Riemke, Vorsitzende des Ärztevereins Wolfsburg. Unter den Patienten seien auch vereinzelt Covid-Infektionen gewesen. „Aktuell haben wir vermehrt Magen-Darm-Effekte – eigentlich typisch für dieses wechselhafte Wetter.“
„Egal, ob es sich um eine Corona-Erkrankung oder eine andere Infektion handelt: Wer Erkältungssymptome hat, sollte darauf achten, andere Menschen nicht anzustecken“, betonte die stellvertretende Präsidentin der Ärztekammer, Dr. Marion Charlotte Renneberg, Hausärztin aus Ilsede im Kreis Peine. „Insbesondere Abstand zu halten und sich regelmäßig die Hände zu waschen, sind einfache und effektive Mittel. Und falls sich Kontakte nicht vermeiden lassen, ist das Tragen einer Maske nach wie vor eine gute Schutzmaßnahme.“
Virologen sehen zwei Gründe für den Anstieg der Erkältungskrankheiten. Zum einen Großveranstaltungen wie die Fußball-Europameisterschaft, die zu vermehrten Kontakten führte. Zum anderen das bislang eher regnerische und kühle Sommerwetter. In den vergangenen Wochen nahm die Zahl der coronabedingten Arztbesuche als auch die Krankenhaus-Neuaufnahmen zu, wie das Infektionsradar des Bundesgesundheitsministeriums verdeutlicht. Auch im Abwasser, das Hinweise auf das bundesweite Infektionsgeschehen gibt, ist wieder eine größere Viruslast nachweisbar.Derzeit dominiert in vielen Ländern die „FLiRT-Variante KP.3“ das Infektionsgeschehen. Eine besondere Gefahr gehe von KP.3 nicht aus, wie Andy Pekosz erklärt, Professor für Molekulare Mikrobiologie und Immunologie an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health. Auch Impfstoffe blieben weiterhin effektiv gegen das Coronavirus.