So sieht eine Trainingseinheit im Bereich „Agility“ beim HSV Velstove aus. Bei diesem Sport müssen die Hunde innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters einen Parcours fehlerfrei bewältigen. Die Rühenerin Sarah Lin Branka kann in diesem Bereich eine ganz besondere Auszeichnung vorweisen: Die 13-Jährige ist vor Kurzem mit ihrem dreijährigen Sheltie „Dream“ in Belgien Vizeweltmeisterin geworden. „Ich kann es noch gar nicht richtig fassen“, sagt die Schülerin überwältigt.
„Es ist das erste Mal, dass jemand aus der Jugend so eingeschlagen ist“, ergänzt Manfred Liß, Spartenleiter und Trainer im Bereich „Agility“. „Sarah Lins Erfolg macht uns wahnsinnig stolz.“ Der Altersdurchschnitt der rund 100 Mitglieder des HSV Velstove liege bei etwa 40 Jahren. Nachwuchs zu finden gestalte sich für den Hundesport-Verein als Herausforderung. „Es ist schwierig die Jugendlichen langfristig bei der Stange zu halten“, gesteht Vereinsvorsitzender Torsten Hallfahrt offen.
Aber auch nicht jeder Hund sei für diese Form des Leistungssports geeignet. Im Verein hätten sich drei passende Rassen herauskristallisiert: Border Collies, Shelties und Working Coker. „Diese Hunderassen muss man kaum motivieren, sondern eher etwas bremsen“, sagt Liß lachend. Bei allen drei Arten handele es sich um schnelle, bewegliche Hunde mit einer hohen Arbeitsbereitschaft. Nur so ließen sich die schwierigen Parcours-Strecken bewältigen, die bei jedem Turnier etwas anders gestaltet seien. Aber damit nicht genug: „Sponsoren findet man für diese Sportart nicht“, bedauert Hallfahrt.
Das kann Sarahs Vater, Matthias Branka, bestätigen. Etwa 10.000 Euro koste die Familie das Hobby im Jahr mit Equipment, Reisen und Seminaren. Allein 2024 bewältigte die 13-Jährige 32 Turnierwochenenden im In- und Ausland. „Wir halten unserer Tochter den Rücken frei“, beschreibt Branka die Unterstützung der Eltern. Sie fahren Sarah Lin beispielsweise zu den Wettkämpfen oder erledigen den Einkauf. Oft kommt auch das Wohnmobil der Familie mit. „Das ist ein guter Rückzugsort“, sagt er.
Doch trotz des zeitaufwendigen Hobbys betont der Familienvater: „Die Schule geht vor.“ Ohne gute schulische Leistungen dürfe die 13-Jährige zu keinem Turnier fahren. In diesem Jahr habe die Achtklässlerin noch die Qualifikation World Agility Open, die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft, die Bundessiegerprüfung sowie die Deutsche Meisterschaft vor sich. Trotz dieses ehrgeizigen Sportprogramms seien die Vierbeiner für die Brankas in erster Linie Familienmitglieder.
„Shelties lieben einen über alles, wenn man sie lieb hat“, erklärt Matthias Branka. Die Tiere würden nicht nur bei den Kindern im Bett schlafen, sondern seien auch fester Bestandteil der Arztpraxis von Sarah Lins Mutter. Durch Daria Branka sei die 13-Jährige überhaupt erst auf die Sportart aufmerksam geworden. „Meine Frau hat in der Slowakei den Agility aufgebaut“, erzählt Matthias Branka stolz. Noch heute nehme sie an Turnieren teil.
Von einem Konkurrenzkampf zwischen Mutter und Tochter sei aber keine Spur. „Ihre Mutter ist so nervös, wenn Sarah läuft, dass sie sich meist gar nicht konzentrieren kann“, sagt Branka lachend. Neben der Unterstützung ihrer Familie gehöre vor allem regelmäßiges Training zum Erfolgsrezept der 13-Jährigen. Aktuell trainiere sie drei Mal die Woche, etwa 15 Minuten lang. „Ich bin aber nicht mehr oft auf dem Sportplatz“, unterstreicht sie.
Die Geräte habe die Familie inzwischen auch zu Hause. Viel wichtiger sei es jedoch, den Gehorsam der Vierbeiner durch tägliche Kommandos wie „Sitz“, oder „Komm“ zu üben. „Ich möchte als nächstes meinen zweiten Hund ,Fame’ richtig ausbilden“, gibt die ehrgeizige Schülerin an.
Allerdings dürfe man die Tiere nicht überfordern. „Im Moment sind die Turniere Schlag auf Schlag“, so Matthias Branka. Da müsse man den Hunden auch eine Pause gönnen. Das oberste Ziel sei es laut der Familie nicht, den ersten Platz zu belegen, sondern keine Disqualifizierung zu erreichen.
Bei der Weltmeisterschaft in Portugal kann Sarah im nächsten Jahr erneut ihr Glück versuchen. „Es ist irre, wenn die ganz Halle gröllt, sobald der Name meiner Tochter auftaucht. Das ist immer ein richtiger Gänsehaut-Moment“, erzählt ihr Vater. Und wer weiß, vielleicht steht die 13-Jährige 2025 wieder ganz oben auf dem Treppchen.