Was Gifhorns Kreismusikschule
dem Internet entgegen setzt
Tag der offenen Tür an der Freiherr-vom-Stein-Straße: Viele Eltern mit Kindern dabei -
Begrenzung für Clara-Schumann-Saal

Tag der offenen Tür in der Kreismusikschule: Der Andrang am Samstag war groß.Foto: Dirk Reitmeister
Gifhorn. Nach Herzenslust auf die Pauke hauen und die Saiten von Klavier, Gitarre und Violine zum Schwingen bringen: Die Entdecker-Rallye beim Tag der offenen Tür in der Kreismusikschule Gifhorn leitete die teilnehmenden Kinder über 14 Stationen - mit echten Instrumenten und Dozenten aus Fleisch und Blut. In Zeiten von Internet-Tutorials und Influencern setzt die Bildungseinrichtung auf die klassische analoge Begegnung. Die Eltern offenbar auch: Das Haus an der Freiherr-vom-Stein-Straße war an dem Nachmittag voll.

Jennifer Kappe will den jungen Menschen den Spaß an Playstation sowie Youtube und Co nicht vergrätzen. Doch dazu sollte es einen sinnigen Gegenpol geben, findet die kommissarische Musikschul-Leiterin. Musikschul-Unterricht sei so einer. Und der sei nicht wirklich durch Videos zu ersetzen. Beim Unterricht von Angesicht zu Angesicht mit dem Dozenten und am besten noch in Gemeinschaft mit anderen Schülerinnen und Schülern komme viel mehr rüber, und zwar nicht nur direktes Feedback, sondern eben auch Gemeinschaftserlebnis. Und: „Wir bieten den Kindern eine Bühne. Das ist etwas Anderes.“

So wie im Clara-Schumann-Saal, wo es Ballett- und Musik-Darbietungen der jungen Künstlerinnen und Künstler gibt. Und diesmal eine Premiere, die neuen Sicherheitsbestimmungen geschuldet ist. Alle Zuschauenden erhalten bei Eintritt eine Karte, die sie beim Verlassen des Saals wieder abgeben. So soll gewährleistet sein, dass nicht mehr als 120 im Saal sind. Rein geht es eben nur, wenn noch eine Karte da ist.

Kappe und ihr Team mussten feststellen, dass es nicht immer reibungslos lief - weil nämlich bei einigen Vorführungen viel mehr Interessierte da waren, als Plätze frei. Entsprechend bildete sich an der Tür eine Schlange. Kappe: „Das tut mir äußerst leid.“

Das war allerdings auch ein Zeichen des großen Zuspruchs: „Es ist richtig voll heute“, freut sich Kappe. Ein Selbstläufer ist das nicht, wie sie erklärt. Denn ihre Einrichtung könne sich schon lange nicht mehr darauf verlassen, dass die Kinder von selbst kommen. „Die Kinder haben wenig Zeit.“ Zum Beispiel weil sie bis zum Nachmittag in der - allgemeinbildenden - Schule sind, Stichwort Ganztag.

„Ganztag ist ja Standard“, sagt Kappe. Aber auch eine Chance für die Kreismusikschule. Und die Einrichtung hat sie ergriffen und setzt auf Kooperation. Kappes Team geht in Kindergärten und Schulen, um dort vor Ort Grundlagen und mehr, von musikalischer Früherziehung bis hin zum Spielen von Instrumenten, zu vermitteln. An der IGS Gifhorn gebe es ein Bandprojekt, an Gymnasien Bläserklassen.

Könnte es bald schwieriger werden, die Musikschulräume zu füllen, weil sich die Eltern den Unterricht nicht mehr leisten könnten? Nicht nur am Tag der offenen Tür, sondern bislang auch im Alltag seien noch keine Auswirkungen der VW-Krise zu spüren, sagt Kappe. Sie hofft auch im Sinne der Kinder, dass es so bleibt. Und am Geld sollte es eigentlich auch nicht liegen, da hätte die Kreismusikschule durchaus Lösungen parat.

Eltern könnten im Falle eines Falles von Einzel- auf Gruppenunterricht umsteigen, was günstiger wäre - und die Kinder kämen in den Genuss des Lernens in Gemeinschaft, sagt Kappe. Für Familien mit niedrigem Einkommen springe übrigens seit geraumer Zeit der Förderverein der Kreismusikschule ein, der sie finanziell unterstütze.

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