Auf dem Weihnachts-Wunschzettel etlicher Kinder dürfte ein Smartphone weit oben stehen. Das stellt die Eltern der Jüngsten vor die Gretchenfrage: Ist mein Nachwuchs alt genug für ein Handy? Fakt ist: Kinder möchten immer früher ein Smartphone nutzen, vor allem wenn Gleichaltrige bereits eines besitzen. Obendrein beobachten sie täglich den Umgang ihrer Mutter, ihres Vaters und älterer Geschwister damit. Und so geraten Eltern in einen Zwiespalt – zwischen der Sorge vor Risiken digitaler Medien wie dem Kontakt mit unangemessenen Inhalten und der Befürchtung, ihr Kind digital auszugrenzen.
Telefonieren, chatten, posten, Musik und Videos streamen, fotografieren: Der digitale Allrounder Smartphone ist im Leben auch vieler minderjähriger Kinder wichtiges Kommunikations- und Statusmedium. Darauf deuten aktuelle Ergebnisse einer forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse unter Heranwachsenden hin. Demnach nutzen 59 Prozent der 12- und 13-jährigen Mädchen und Jungen digitale Medien- und Online-Angebote für soziale Kontakte wie den Austausch mit Freunden und Bekannten. 38 Prozent in diesem Alter dienen sie dazu, um schnell an Informationen zu kommen, und fast ebenso vielen, um ihr Wissen zu erweitern und Neues zu lernen (36 Prozent). Immerhin jede/r Fünfte von ihnen greift aus Sorge, etwas zu verpassen (20 Prozent), auf digitale Medien- und Online-Angebote zurück.
Gleich ob Kinder Wissen schnell nachschlagen oder sich Sachverhalte per Video erklären lassen: Gehen sie reflektiert mit digitalen Medien um, kann das die Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit und damit die Entwicklung des Gehirns fördern. Mit dem Smartphone lassen sich räumliches Denken, analytische Fähigkeiten, kreatives Gestalten und präzise Kommunikation trainieren sowie soziale Kontakte fördern. „Doch um dieses digitale Potential zu heben, bedarf es einer gewissen Reife“, sagt Franziska Klemm, Expertin für Medienkompetenz bei der KKH. Der Psychologin zufolge gibt es das richtige Alter für ein erstes eigenes Smartphone nicht. „Entscheidend ist der individuelle Entwicklungs- und Kenntnisstand eines Kindes. Bevor Sie Ihrem Kind ein Handy schenken, sollte es gut über die Funktionen digitaler Medien informiert und mit deren Vorteilen, aber auch Risiken vertraut sein.“ Weiß ein Kind über digitale Funktionen wie Chatten und Surfen Bescheid, über mobile Daten, WLAN und Bluetooth? Sind altersgerechte Kindersuchmaschinen bekannt? Kennt es Kostenfallen, die über In-App-Käufe entstehen können? Weiß es, seine Daten zu schützen? Kann das Kind medienfreie Zeiten einhalten? Und ist geregelt, dass sich das Kind bei Problemen jederzeit an die Eltern wenden kann? Diese und weitere Checkpunkte helfen Eltern dabei einzuschätzen, ob ihr Kind reif genug für ein eigenes Smartphone ist. Ist das der Fall, sollte das erste Handy zum Schutz vor möglichem Kontakt mit unangemessenen Inhalten kindersicher eingerichtet werden, sprich nur mit abgesprochenen Apps und diversen Sicherheitseinstellungen wie begrenzter Bildschirmzeit.
„Da Smartphones immer früher in Kinderhände kommen, ist es für eine gesunde Entwicklung entscheidend, dass Eltern ihrem Nachwuchs genügend Zeit für ein medienfreies Aufwachsen einräumen“, betont Psychologin Klemm. „So können sie sich in der analogen Welt grundlegende Fähigkeiten aneignen wie Sprach- und Lesekompetenz, die für den Handygebrauch unerlässlich sind.“ Auch Körper- und Sozialerfahrungen in der realen Welt bilden eine zentrale Basis, um Selbstvertrauen zu erlangen und mit digitalen Medien etwa ab elf, zwölf Jahren selbstbestimmt und maßvoll umgehen zu können. Zeigen Kinder bereits im Vor- und Grundschulalter Interesse an digitaler Technik, sollten Eltern sie an die Hand nehmen und Schritt für Schritt damit vertraut machen. „Nutzen Sie hierfür Ihre eigenen gesicherten Mobilgeräte, um ihren Nachwuchs anzuleiten, gemeinsam im Internet zu surfen und zu spielen und dabei vorbildlich zu agieren“, rät Franziska Klemm. „Zeigen Sie auch mögliche Risiken durch übermäßige Onlinezeiten wie eine Medienabhängigkeit auf, und vereinbaren Sie frühzeitig Nutzungsregeln. Mit einer aktiven Medienerziehung fördern Sie einen reflektierten, wohldosierten Medienumgang Ihres Kindes zum Schutz der eigenen Gesundheit.“