Zum Sporttauchen kam der VW-Sachbearbeiter zufällig vor 25 Jahren bei einem Urlaub auf Fuerteventura mit Ehefrau Michaela: „Sie wollte ihre Ruhe haben und hat mich zu der Tauchbasis geschickt.“ Damals, Anfang des Jahrtausends bei den Übungen im Pool mit Pressluft und danach bei Tauchgängen in bis zu acht Metern Tiefe im Atlantik vor dem Hotel ereilte Düfer die Faszination des Aufenthalts in einer anderen Welt. Heute hat er nicht nur alle drei Sterne, die ihn für jegliche Form des Tauchens qualifizieren, er ist Tauchlehrer mit eigener Schule und Vorsitzender des Tauchsportclubs Gifhorn.
An einer Wand des Raums, in dem der gebürtige Müdener sein Equipment aufbewahrt, lehnt auch ein sogenannter Rebreather an der Wand. Mit diesem Kreislaufatemgerät können beim Tauchen Tiefen von bis zu 80 Metern erreicht werden, was mit normalem Pressluftatmer unmöglich ist. Etwa 3.000 Tauchgänge, beileibe nicht alle in lebensbedrohlichen Tiefen, hat Wolfgang Düfer in seinem Leben bisher unternommen: mehrheitlich vor Norwegen, den Kanaren, der Dominikanischen Republik, im Roten Meer und Indischen Ozean, aber auch im Tankum- oder Allersee und dem Taucher-Hotspot Sundhäuser See bei Nordhausen.
Wenn es keine „bunten Fische“ oder Korallen zu sehen gibt, sind es die „Unterwasserlandschaften“ und gelegentlich Schiffswracks, die Düfer in ihren Bann ziehen. Aber egal, wo er die Wasserwelt betritt, ist immer eine Tasche am Mann, in der der Müll landet, der ihm unterwegs begegnet. „Es wird immer mehr, überall auf der Welt.“ Vor vier Jahren kam Düfer bei einem Besuch auf Rügen in Kontakt mit der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD), die in den dortigen Gewässern seit 2019 mit Freiwilligen sogenannte Geisternetze birgt.
Düfer schloss sich an - weil oder obwohl das Ausmaß des Vorkommens jener Fischernetze „erschütternd“ sei, die auf dem Meeresboden liegen, weil sie beispielsweise im Sturm abrissen, von „Schwarzfischern“ wegen drohender Kontrolle gekappt oder einfach entsorgt wurden. Obgleich die GRD-Aktion in der Ostsee - auch der WWF ist dort aktiv - mittlerweile mehr als elf Tonnen Netze aus dem Wasser holte, sei es nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Um etwas Gutes zu tun“, lautet dennoch Düfers trotzige Begründung für sein Engagement.
Denn jedes Netz, das geborgen wird, kann nicht mehr zur Todesfalle werden für Fische und Meeressäuger wie Robben oder Vögel, die aus den sich zersetzenden und angespülten Netzresten Nester bauen und sich darin verfangen. Gar nicht zu reden von weiteren Folgen wie der Kontamination des Wassers mit Mikroplastik. „Außerdem geht es vor allem darum, das Problem sichtbar zu machen“, so Düfer, der etliche Wochenenden im Jahr gemeinsam mit anderen Tauchern rund um Rügen im Einsatz ist.
Für Anreise, Unterkunft und Verpflegung kommen Düfer und seine Mitstreiter selbst auf. Um alles andere kümmert sich die GRD. Auf einem Fischkutter geht‘s mit maximal 15 Tauchern raus aufs Meer. Angelaufen werden Koordinaten, wo vorher Netze geortet wurden - von Tauchern oder per Echolot. Drei maximal halbstündige Tauchgänge in Trockentauchanzügen und ausgestattet mit Messern und anderen Schneidgeräten sind pro Tag möglich.
Die Netze müssen in bis zu 30 Meter Tiefe im dunklen und kalten Wasser zum Teil aus dem Boden geholt, an Verankerungen von Fahrwasser-Tonnen, Wracks und anderem freigeschnitten oder in machbare Stücke zerschnitten werden. Luftsäcke werden befestigt, die die Netze an die Wasseroberfläche ziehen, wo sie dann an Bord des Kutters geholt werden. „Die Arbeit ist schwer und nicht ungefährlich. Man braucht alle seine Sinne zu 100 Prozent.“
Recht schnell könne man sich in einem Netz verfangen und plötzlich ohne Dekompression nach oben gezogen werden. „Am schlimmsten sind die sehr feinmaschigen Stellnetze“, sagt Düfer. Die geborgenen Geisternetze werden gebührenpflichtig als Sondermüll entsorgt oder „von kleinen Firmen“ zu Taschen, Schmuck oder anderen Accessoires verarbeitet. Im Winter werden keine Geisternetze geborgen. Das nächste Mal taucht der Meinerser im Mai ihretwegen wieder auf den Grund der Ostsee.
„Natürlich macht es auch Spaß, sonst würde ich es nicht machen“, räumt der Taucher ein. Sauer macht ihn der Umstand, dass sich immer mehr und überall Müll im Wasser findet aber auch. Allerdings richtet sich sein Ärger weniger auf die Verursacher, als auf die politischen Entscheidungsträger, die „kein Geld bereitstellen für Fonds, die dem entgegenwirken“.