Der spitze Schrei einer Mutter schallt von der Bande über Spielfeld und Marktplatz. Nein, Ursache war keine Spinne, die sich da irgendwo abgeseilt hätte, sondern ein Gegentor für die Mannschaft ihres Lieblingsspielers. Gleich darauf kommen wieder Anfeuerungsrufe. „Lauf, Henri.“ Letzter Spieltag der Bundesliga? Eine Mutter winkt ab. „Das hier ist spannender als Werder Bremen gucken.“
Karsten Hoffmann kennt das schon. Die Muttis feuerten besonders lautstark, teilweise verbissen, an, danach kämen schon die Omis, sagt das Minikicker-Urgestein von den SV-Breitensportlern schmunzelnd. Vorhin habe eine Mutter mit der Turnierleitung über die Regeln diskutiert.
Seit 1998 ist Hoffmann im Team der Organisatoren, übernimmt oft die Moderation. „Ich habe so einen Spaß daran, den Nachwuchs zu sehen.“ Und dann diese Kulisse: „Das ist einmalig hier“, sagt er und blickt einmal über den Marktplatz. Wenn er erst einmal erzählt, kommen Erinnerungen an die Mitstreiter von einst auf, die ihm inzwischen fehlen. „Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt“, sagt er und zählt Namen wie Schmiedl, Henkel und Ebeling auf, die Turnierfans noch lange ein Begriff bleiben dürften.
„Die sind agil ohne Ende“, schwärmt Hoffmann von den Minikickern. Regen? Während Zuschauer die Schirme aufspannen und über eine Spielpause nachsinnen, kriegen die ehrgeizigen Wühler auf dem Spielfeld von den paar Tropfen nichts mit. Immer ran, dem Ball hinterher. Nichts Anderes im Sinn.
Was war Hoffmanns schönstes Erlebnis? Davon habe es so viele gegeben, sagt er. Eines nennt er exemplarisch: Vor einigen Jahren war ein Dreijähriger dabei, der noch so klein war, dass ihm die Hose bis zu den Knöcheln ging. „Und der Kleine war nicht mal schlecht.“
„Schleife binden, Hose wechseln, Tränen trocknen”: Hoffmann lobt auch die Betreuer, die ihre Zeit zusätzlich noch ins Minikicker-Turnier investieren - on top, über das eigentliche Vereinsprogramm hinaus. Auch das mache diese deutschlandweit einmalige Veranstaltung aus.
2027 will Hoffmann noch einmal mitmachen. „Dann müssen Jüngere ran.“ Er merkt langsam auch, dass die Zeit voranschreitet und Veränderungen anstehen. Vier kleine Tore statt zwei großer, dafür nur drei Feldspieler und kein Torwart mehr pro Team: „Ich bin ein Fan der großen Tore und dass ein Torwart da ist“, räumt Hoffmann ein. Aber er wisse, dass Fortschritt und Veränderung sein müssten: „Sonst würden wir heute noch auf dem Pony reiten. Ich kann mich fügen.“
Mehr Tore, mehr Tempo, mehr Training von Umsicht und Umschalten: Das verspricht sich nicht nur der DFB von seinen neuen Regeln beim Kinderfußball, sondern auch das Minikicker-Team. „Das ist wissenschaftlich erwiesen“, sagt Kinderfußballbeauftragter Markus Wargenau vom NFV. Um den sieben- bis achtfachen Faktor mehr Tore und Ballkontakte bringe die neue Regelung.
Marco Momberg von der Stadtverwaltung hat den Eindruck, dass die Rechnung auch beim Minikicker-Turnier aufging. Ebenso Schulfußballbeauftragter Andreas Hackel, der zeitweise oben auf dem Bühnenwagen in der Turnierleitung beim Zählen der Tore kaum noch hinterherkam.
Für Wargenau steht fest: „Die Musialas und Sanés bilden wir jetzt selbst aus. Wir werden in fünf, sechs Jahren ein ganz anderes Niveau haben.“ Beim Minikicker-Turnier zählt aus seiner Sicht aber vor allem etwas Anderes: „Wichtig ist, dass die Kinder Spaß haben. Und das sieht man hier.“