Todesermittlung ist für Gifhorns Kripo Tagesgeschäft
Rund 250 Mal im Jahr: In den seltensten Fällen steckt ein Verbrechen hinter ungeklärten Todesursachen

Todesursachenermittlung ist Tagesgeschäft: Die Leute von Fachkommissariatsleiter Patrick Wesa haben es fast täglich damit zu tun.Foto: dirk Reitmeister
Gifhorn. Kaum eine Atempause für Tatortgruppe und Todesursachenermittler der Gifhorner Polizei: Nahezu täglich haben sie es mit Todesfällen zu tun, bei denen sie tätig werden müssen. Das hängt häufig damit zusammen, dass Notärzte bei plötzlichen Todesfällen auf der Bescheinigung „Meldepflicht“ ankreuzen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. In den seltensten Fällen steckt ein Verbrechen dahinter.

Den letzten Mord in Gifhorn gab es im März 2009: Ein Ehemann erschoss - offenbar nach jahrelangen Streitigkeiten - seine Frau, geschehen an der Bergstraße in Gifhorn. In den Monaten davor erschütterten ein Doppelmord und der medienträchtige Dreifachmord im Kleingarten am Dannenbütteler Weg die Zickenstadt. Hat das zuständige Fachkommissariat 1 seitdem eine ruhige Kugel zu schieben? „Mitnichten“, sagt Leiter Patrick Wesa.

Etwa 250 Mal müssen die Tatortgruppe und seine Ermittler aus dem Fachkommissariat Todesursachen nachgehen. Die Tatortgruppe, die 24/7 zur Verfügung steht, erledigt die Arbeit vor Ort und arbeitet den Ermittlern des Fachkommissariats zu.

Die Polizei könne nicht feststellen, was die Todesursache sei, sondern ob es Hinweise auf Fremd- oder Eigenverschulden gebe. Das ist laut Wesa, der selbst mal Leiter der Tatortgruppe war, der Dreh- und Angelpunkt dieser Todesursachenermittlungen.

In den seltensten Fällen stecke ein Verbrechen dahinter. Aber: „Es gibt durchaus Fälle, die der Aufklärung bedürfen“, sagt Wesa. In diesem Jahr habe sein Team bereits fast ein halbes Dutzend Obduktionen veranlasst.

Ein Mann im mittleren Alter bricht unvermittelt zusammen und stirbt, der hinzugezogene Notarzt kreuzt unter dem Stichwort „ungeklärte Todesursache (plötzlicher unerklärlicher Tod eines gesunden Menschen)“ das Feld „Meldepflicht“ an. Der tragische Fall des Landrats ist laut Wesa ein klassisches Beispiel. „Das ist nicht außergewöhnlich, das kommt regelmäßig vor.“

Weitere Gründe für Meldepflicht sind zum Beispiel Anhaltspunkte für Tod durch Selbstmord sowie durch ärztliche oder pflegerische Fehlbehandlung, Eintritt des Todes während einer Operation oder innerhalb von 24 Stunden danach - oder auch Tod in amtlichem Gewahrsam. Auch ein plötzlicher Kindstod ruft Wesa und seine Leute auf den Plan.

Todesermittlung sei jene Arbeit, die am meisten belaste, sagt der Polizeihauptkommissar. Besonders wenn es um Kinder gehe. Er habe noch jede Todesermittlung im Detail in Erinnerung, wo es zum Beispiel um plötzlichen Kindstod ging. Doch belastend ist es nicht nur, weil es um einen toten Menschen geht. Hinzu kommt, dass man es mit den geschockten und emotionalen Angehörigen zu tun hat.

So müssen Wesa und seine Leute den Angehörigen oft zunächst erläutern, warum sie jetzt plötzlich vor der Tür stehen. Immerhin geht es um das höchsten Rechtsgut, das ein Mensch hat: sein Leben. „Wir wissen, wie belastend das für Angehörige ist.“ Deshalb sorge die Polizei für eine schnelle Bearbeitung der Todesursachenermittlung. Auch damit die Menschen nicht zu lange auf die Bestattung warten müssen.

Und wie geht es den Beamten der Tatortgruppe und den Ermittlern mit ihrem Tagesgeschäft Todesursachenermittlung? „Man muss jemanden haben, mit dem man sprechen kann“, sagt Wesa. Es gebe dazu auch eine interne Supervision. Nur eines steht fest: „Die Arbeit muss gemacht werden.“

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