In Wasbüttel gibt es die größte Nachttopf-Sammlung der Region
Elisabeth Hesse und ihr Mann haben seit fast 40 Jahren ein Museum / Hunderte Ausstellungsstücke

Elisabeth Hesse an einem der Regale, auf denen die alten Nachttöpfe ausgestellt sind. Rund 600 Exemplare besitzt sie mittlerweile.Foto: Sebastian Preuß
Wasbüttel. Museen gibt es für alles Mögliche, von Dinosaurierknochen über Autos bis zu Mühlen - wie nicht nur im Kreis Gifhorn bekannt sein dürfte. Nachttöpfe sind vielleicht nicht das Erste, was einem zum Begriff Museum einfällt. Für Elisabeth Hesse hingegen ist es das schon: Sie betreibt zusammen mit ihrem Mann seit fast 40 Jahren das Nachttopf-Museum in Wasbüttel.

Mehrere Schilder führen in der Ortschaft zum Wohnhaus des Ehepaars. In den Kellerräumen haben Hesses ihr Museum eingerichtet - und wer zum ersten Mal dort ist, staunt wahrscheinlich nicht schlecht. In den Zimmern sind fein säuberlich sortiert rund 600 Nachttöpfe verteilt, einige davon weit mehr als 200 Jahre alt. Darüber hinaus noch viele weitere Gegenstände, die alle irgendwie mit Badezimmern und/oder einem Toilettengang zu tun haben. Zum Beispiel alte Klopapier-Halter, Waschschüsseln und sogar ganze Toiletten. Etwa aus einem Bahnwaggon-WC oder sogar einem U-Boot.

Dass sie einmal eine umfangreiche Sammlung und ein Museum dafür haben würde, habe Elisabeth Hesse nicht geplant, erzählt sie. Aber alles hat seinen Anfang: Die Wasbüttelerin entdeckte einen alten Nachttopf auf einem Flohmarkt in Bitterfeld, noch zu DDR-Zeiten in den 1980er Jahren. „Ich brauchte Dekoration für unser neues Gäste-WC, und da dachte ich mir, ein Nachttopf sei dafür doch passend“, sagt die heute 76-Jährige.

Mit der Zeit bekam sie weitere Nachttöpfe von Freunden und Familie geschenkt, sodass sich eine Sammelleidenschaft entwickelte. Irgendwann waren es genug Exemplare, um ein kleines Museum zu eröffnen - das heute längst nicht mehr so klein ist wie damals. Wie auch das erste Exemplar sind die meisten Töpfe auf Flohmärkten beschafft. Sie habe zwar auch schon online nach Ausstellungsstücken gesucht, sagt Hesse. „Aber wenn ich auf dem Flohmarkt zum Beispiel 25 Euro für einen Topf zahle, ist es im Internet meist dreimal so viel.“

Wenn es um ganz besondere Stücke geht, greift Hesse dann aber doch mal tiefer in die Tasche. Bei Auktionen etwa, wo durchaus auch dreistellige Summen für besondere alte Nachttöpfe verlangt werden. Als Beispiel dafür zeigt die Wasbüttelerin einen kunstvoll bemalten Topf aus China, datiert auf das Jahr 1850.

Bei solch einer großen Sammlung werde man mit der Zeit wählerischer, schon allein, weil der Platz in den Kellerräumen zur Neige geht. „Alles nehme ich heute nicht mehr mit, wenn ich auf dem Flohmarkt bin“, sagt die 76-Jährige. Viele der Stücke sind echte Besonderheiten. So hat Hesse zum Beispiel einen Nachttopf der britischen Reederei White Star Line, die vor allem für die Titanic bekannt ist, und einen Topf, der statt der üblichen runden Form viereckig ist. „Warum das so ist, weiß ich nicht. Aber besonders bequem stelle ich mir das nicht vor“, sagt Hesse lachend. Einer der Nachttöpfe soll sogar der Prinzessin Viktoria Luise von Preußen gehört haben. Zumindest rankt sich dieses Gerücht um die womöglich royale Schüssel, denn einen tatsächlichen Nachweis dafür gibt es nicht.

Beim Blick auf die große Sammlung wird außerdem deutlich, dass es Nachttöpfe aus vielen unterschiedlichen Materialien gibt. Keramik, Emaille, Glas, Porzellan und Bleikristall etwa. Einige jüngere Exemplare sind auch aus Plastik. Die jüngsten stammen aus den 1950er Jahren, sagt Hesse. Danach kamen Nachttöpfe aus der Mode, da die Badezimmer moderner wurden und Toiletten kaum noch ­außerhalb des Hauses oder auf  halbe Treppe lagen. Mitt­lerweile hat Hesse ihre Sammlung um einen weiteren Bereich erweitert: Im Bereich eines ­Zimmers gibt es Nachttöpfe, die speziell für ­Kinder gefertigt wurden und entsprechend kleiner sind als die „Erwachsenen­Modelle“.

Über zu wenige Besucherinnen und Besucher könne sie sich nicht beklagen, sagt die Wasbüttelerin. Allein in den diesjährigen Sommerferien seien schon viele da gewesen. Spontane Besuche sind möglich, am besten sei es aber, vorher anzurufen, empfiehlt Hesse. Eine Führung dauere ungefähr eine Dreiviertelstunde.

„Mir macht das auf alle Fälle immer noch richtig viel Spaß“, betont die Rentnerin - und erinnert sich, wie einmal ein ganzer Reisebus bei ihr vor der Tür gestanden hat. „Das war zuerst ein richtiger Schock“, sagt Hesse und lacht. Denn für so viele Menschen auf einmal sei in ihrem Keller gar kein Platz. Doch der Busfahrer habe das Problem schnell gelöst und die Gäste in Gruppen nacheinander ins Museum geschickt.

2026 wird das Nachttopf-Museum in Wasbüttel 40 Jahre alt. Wie lange es noch Bestand haben wird, ist ungewiss. Denn sie und ihr Mann würden ja nicht jünger, sagt Hesse. „Und unsere Söhne finden es zwar toll, was wir machen, sie wollen die Sammlung aber nicht übernehmen.“ Vielleicht wollen Hesses sie irgendwann verkaufen, dann aber nicht jedes Stück einzeln - das wäre viel zu aufwendig. Bis es so weit ist, freut man sich im Nachttopf-Museum weiterhin über jede Besucherin und jeden Besucher.

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