Nach brutaler Attacke auf Frau:
Strafe für drei CSD-Gegner
Schöffengericht in Gifhorn: Geständnisse abgelegt - Urteil: Ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe

Christopher Street Day in Wolfsburg: Nach einer Gegendemo fuhren drei Männer nach Gifhorn - dort attackierten sie brutal eine 39-Jährige. Nun fand die Verhandlung am Amtsgericht Gifhorn statt.Foto: Britta Schulze
Gifhorn. Sie kannten sich bis zum 14. September 2024, abends um 19.40 Uhr angeblich überhaupt nicht, aber eines einte sie wohl spontan: Drei Männer hatten zuvor bei einer Gegendemo gegen den Christopher Street Day in Wolfsburg Platzverweise erhalten. Der Heimweg führte sie per Zug nach Gifhorn. Dort wollten sie mit einem Bus der VLG gen Wesendorf weiterfahren. Doch in Höhe Eyßelheideweg eskalierten sie - auf eine Art und Weise, die die Anwesenden im Gerichtssaal 120 am Dienstag erschaudern ließ. Die drei bis dato sich fremden Männer traten laut Anklage mehrfach brutal auf eine am Boden liegende Frau ein. Nur das rasche Eingreifen der Polizei verhinderte wohl Schlimmeres.

So ganz war nicht zu klären, was genau Auslöser war. Von „Provokationen” war die Rede. Wer jedoch wen verbal hochschaukelte, ließ sich nicht mehr klären. Fakt ist: Die drei ziemlich alkoholisierten Männer sprangen aus dem Bus und traten gemeinsam auf eine am Boden liegende Frau ein. Das Opfer, eine 39-Jährige aus Gifhorn, war auf dem Heimweg vom Fußballspiel in Wolfsburg und ebenfalls Passagierin in dem gut gefüllten Bus.

Sichtlich unangenehm war ihr die Aussage vor Gericht. „Für mich ist das Thema beendet. Ich möchte nix mehr sagen.“ Entschuldigungen der Täter nehme sie dankend an. Zum Glück habe sie „nur“ ein blaues Auge und Schürfwunden erlitten. Was für sie dramatischer war: Erst wenige Wochen vor der Attacke hatte sie in Folge eines Fahrradunfalls schwere Kopfverletzungen erlitten. Dass nun die Tritte keine Verschlimmerungen erzeugt hätten, sei ihr wichtig. Erspart blieb ihr, noch einmal ein Video der Attacke sehen zu müssen, das ein Fahrgast mit dem Smartphone gemacht hatte. Erst nach Abspielen des Videos wurde die Frau in den Zeugenstand gerufen.

Ein Opfer ohne Groll, drei Entschuldigungen, drei Geständnisse gleich zum Auftakt - so einfach entließ das Schöffengericht die drei Angeklagten jedoch nicht. Jeder einzelne kam ins Kreuzverhör - auch was ihn umgetrieben habe, an einer politisch Rechts verorteten Gegendemo gegen den Christopher Street Day teilzunehmen.

Der 25-Jährige, arbeitssuchende Angeklagte aus dem Nordkreis ließ seinen Verteidiger mitteilen: „Es tut ihm unglaublich leid.“ Da habe sich was „hochgeschaukelt“. Ob er mit der rechten Szene etwas zu tun habe, wollte der Richter wissen. Der Mann schüttelte energisch den Kopf. Er sei da irgendwie durch einen Kumpel drauf aufmerksam geworden und sei deshalb mitgegangen.

Eine ähnliche Version präsentierte ein 24-jähriger Gifhorner, der ebenfalls aktiv an der Attacke auf die Frau beteiligt war. Auch er behauptete, einfach nur von der Gegendemo gehört zu haben und habe sich dann angeschlossen. Er distanziere sich von rechter Gesinnung.

Auch der dritte Täter, ein nun bei Magdeburg lebender 22-Jähriger, berichtete, er sei „spontan“ mitgegangen, jedoch ohne in die rechte Szene involviert zu sein. Er habe über Social Media den Hinweis auf die Gegendemo bemerkt. Bei ihm wollte es der Richter genauer wissen. Denn: Bei diesem Täter gab es im Strafregister einen Hinweis auf das Verwenden verfassungsfeindlicher Zeichen aus dem Jahr 2020. Und die Vertreterin der Staatswalschaft hielt ihm auch vor, dass das Anzeigen von rechten Aktionen bei Social Media auch darauf hindeute, dass er zumindest Interesse an diesem Gedankengut habe. Nein, beteuerte der Angeklagte. Das sei Vergangenheit, er habe Kontakte in die Szene „abgebrochen“.

Die Staatsanwaltschaft rieb allen Tätern bei ihrem Plädoyer unter die Nase: „Sie sind da mitgegangen.“ Dass es sich um eine rechts motivierte Demo gehandelt habe, müsse jedem klar gewesen sein. Alkoholisiert hin oder her - dass sie spontane Gewaltbereitschaft sie zu einem Täterteam gemacht habe, mache die Straftat besonders. Für jeden der drei Männer forderte sie ein Jahr und neun Monate auf Bewährung.

Zwei Verteidiger forderten für ihre Mandanten eine Reduzierung des Strafmaßes auf ein Jahr Freiheitsstrafe. Beim Schöffengericht fand das kein Gehör. Es folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der verurteilte 25-Jährige muss zusätzlich noch 80 gemeinnützige Arbeitsstunden leisten, der 24-jährige Gifhorner eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro zahlen, und der 22-jährige Verurteilte muss 1.500 Euro zahlen. Die Freiheitsstrafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Bewährungshelfer sollen zunächst im Blick behalten, inwieweit alle drei - wie behauptet - sich von der rechten Szene distanziert halten.

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