„Dieser Vorwurf ist allerdings nicht Teil des hiesigen Verfahrens“, erklärte Dr. Janina Schaffert, Sprecherin des Landgerichts Hildesheim auf Anfrage. Der in Rede stehende Vorfall habe sich in der Stadt Lauchhammer im Süden Brandenburgs ereignet und werde von einem anderen Landgericht verhandelt. Demnach soll auf der Flucht vor der Polizei das Kurierfahrzeug der Serientäter, ein Skoda Octavia, ein Zivilfahrzeug der sächsischen Polizei erfasst haben, wobei ein Polizeibeamter starb.
„Es tut ihm alles sehr leid. Der Tod des Polizisten sorgt bei ihm für Albträume“, erklärte der Verteidiger im Namen seines 27-jährigen Mandanten, dem jüngsten der vier Angeklagten. In dessen Einlassung hieß es weiter, dass er allerdings nicht verstehe, warum ihm „Mord“ vorgeworfen werden solle. Während der Verhandlung Hildesheim blieb diese Bemerkung seitens des Schöffengerichts und der Staatsanwaltschaft - wie auch die geständigen Einlassungen der anderen Tatbeteiligten - unkommentiert.
Zuvor hatte der bereits Anfang 2024 in Leipzig wegen schweren Bandendiebstahls Verurteilte seine Beteiligung an den neuerlichen Straftaten eingeräumt. Auch nannte er seinen Rückfall in die Drogensucht sowie Schulden als Gründe, warum er sich wieder hatte „überreden“ lassen, bei den Taten mitzumachen. Unter anderem am 2. Dezember bei einem Autoklau in Hankensbüttel, danach auch ich Diekholzen, Alfeld, Nordstemmen, Nörten-Hardenberg und in Velpke, wo ein Audi Q5 entwendet wurde. In Wolfsburg war es schließlich noch ein Audi A5 Cabrio.
Ja, er habe den „Funkwellen-Verlängerer“ betätigt, mit dem die Signale des Funkschlüssels der Keyless-Entry-Modelle abgefangen und zum Öffnen und Starten der Fahrzeuge verwendet wurde. „Man braucht dafür nicht viel Geschick oder Verständnis“, ließ der Angeklagte erklären. Die Auswahl der Fahrzeuge sei nicht von ihm getroffen worden, sondern von Beteiligten „in Polen“. Von diesen hätte die Gruppe auch die Koordinaten der zu stehlenden Fahrzeuge erhalten.
Zwecks Effektivitätssteigerung wurden mitunter in einer der (stets) nächtlichen Aktionen zwei Fahrzeuge auf einmal gestohlen - aber immer mit gefälschten Kennzeichen über den Grenzübergang Hagenwerder in Polen an Mittelsmänner übergeben. Teuerstes Exportfahrzeug war ein Mercedes Benz AMG für geschätzte 80.000 Euro, den die Bande in Wolfsburg-Neuhaus mitgehen, ihn dann allerdings nach einem Unfall im fränkischen Boxberg stehen ließen.
Auch einen A6 Avant für 30.000 Euro aus Nordstemmen mussten die Diebe nach einem „Reifenplatzer“ bei Salzgitter zurücklassen. Grund: Weil „kein passender Ersatzreifen an Bord war“, wie der vorsitzende Richter des Schöffengerichts bei der Verhandlung berichtete. Die elektronischen Diebstahlhilfen entdeckten die Ermittler demnach nach einer Festnahme im Tagebaugebiet bei Görlitz versteckt im Dachhimmel des besagten Skoda Octavia, dem „Pilotfahrzeug”, mit dem die Diebe und Fahrer zu den Tatorten gebracht worden waren.
Pro Auftrag erhielten die fahrenden Diebe pro Fahrzeug 2000 Zloty, umgerechnet etwa 500 Euro. Einer der Angeklagten, ebenfalls Pole und 37 Jahre alt, gab an, 1500 Zloty pro Tatbeteiligung erhalten zu haben - als „Gehilfe“ und „Hilfsfahrer“, wenn einer der anderen - wegen Drogeneinwirkung oder ähnlichem - nicht in der Lage gewesen wäre, zu fahren. Der Älteste, ein 38-jähriger Kfz-Mechaniker und Bauarbeiter mit neun Eintragungen im Vorstrafenregister, ließ erklären, es sei eine „blöde Idee“ gewesen, mitgemacht zu haben. Der vierte Angeklagte war nicht zur Verhandlung erschienen, um persönliche Angaben zu machen. Stattdessen übernahm diese Aufgabe sein Anwalt. Der vermeintliche Mittäter ist ein 37-jähriger Pole, gelernter Bäcker und Schlosser, der laut Angaben als Gabelstaplerfahrer arbeitet. Der zweifache, getrennt lebende Vater hatte bis 2020 wegen Körperverletzung vier Jahre lang im Gefängnis gesessen. Dort habe er eine dritte Ausbildung als Elektriker absolviert, sei im Anschluss aber dennoch arbeitslos geblieben.
Der vorsitzende Richter kündigte an, dass beim nächsten Verhandlungstag, der am Montag, 1. September, stattfinden soll, nicht nur noch ein psychologischer Sachverständiger zur Schuldfähigkeit des 27-Jährigen gehört werden soll.
Er bat Verteidigung und Staatsanwaltschat um deren Plädoyers in der Verhandlung, sodass dort bereits das Urteil gesprochen werden könne.