Mobiles Café für den Kaffeeklatsch auf dem Friedhof
Projekt des Diakonischen Werkes kommt an – Platz für Trauer und Lebensfreude

Kaffeeklatsch der besonderen Art: Zum Friedhofscafé in Wesendorf bringt Tahnee Winters (r.) alles mit, was dazu gehört.Foto: Sebastian Preuß
Wesendorf. Wer heute kommt? Wie viele kommen? Tahnee Winters zuckt mit den Schultern. Voller Tatendrang und Optimismus packt sie in Windeseile den Bollerwagen voll. Tassen, Teller, Klappstühle hat sie mit dem Auto zum Parkplatz am Friedhof Wesendorf transportiert.

Ein ungewöhnlicher Ort, an dem die Diplom-Sozialpädagogin und Geschäftsleitung beim Diakonischen Werk da an einem Donnerstagnachmittag auch noch einen Kuchen in den Wagen hebt. Schnell noch ein Hinweisschild am Eingang angebracht – und dann ist es eröffnet das „Friedhofscafé“.

Es ist bereits das vierte Mal. Entstanden aus dem Programm „Gemeinsam statt einsam“ steht schon frühzeitig fest, dass die ungewöhnliche Einladung zum Kaffeeklatsch zwischen Gräbern ungeahnten Zuspruch hat.

„Zwischen zehn und zwölf Teilnehmer kommen“, sagt Tahnee Winters stolz. Keine feste Gruppe, jeder ist willkommen. Zwanglos, niedrigschwellig. „Wer einfach nur einen Kaffee trinken möchte, ist auch eingeladen.“ Nein, hier muss niemand seine Traurigkeit bekunden, sein Schicksal offenlegen – erlaubt ja, aber eben kein Muss.

Unter einer mächtigen Eiche mit Bank zaubert Tahnee Winters blitzschnell das mobile Café zusammen, aus den Teilen, die im Bollerwagen verstaut sind. Argwöhnisch beobachtet das ein Mann, der gerade ein paar Meter weiter bei der Grabpflege ist. „Möchten Sie Kaffee und ein Stück Kuchen“, fragt Winters freundlich. Der Mann schüttelt den Kopf.

Er verpasst den selbst gebackenen Kuchen – „Apfel-Zimt, ich backe so gerne selbst“, sagt Tahnee Winters lachend. Unaufdringlich kommt sie daher. Neulich habe sie einem Mann auf dem Friedhof einfach angeboten, wenigstens ein Stück Kuchen mit nach Hause zu nehmen. Nach einigem Zögern habe sich sogar noch ein netter Plausch ergeben. „Im besten Fall kommen die Leute untereinander ins Gespräch.“

Viel Herzblut steckt die Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes in das Projekt. Sie hat viel Erfahrung mit Trauerarbeit, betreut seit einigen Jahren Gruppen und andere Angebote des Diakonischen Werkes. Nach dem Tod geliebter Menschen zurück ins Leben finden, von Erinnerungen erzählen – das verbinde mit ebenfalls Betroffenen. „Es ist schon eine Entlastung zu erleben, dass es anderen genauso geht.“ Aus dem Besuch einer Trauergruppe seien sogar schon Freundschaften entstanden.

Winters stoppt ihre Erzählung. Eine Frau nähert sich, verunsichert macht sie fast kehrt. Sie komme wieder, gehe noch über den Friedhof, weil sie auf eine Freundin warte, die ihr vom Friedhofscafé vorgeschwärmt habe. Als sie später wiederkommt, mag die Trauernde mit Tränen in den Augen nur so viel der AZ preisgeben: „Man muss immer nur funktionieren – das geht aber gerade nicht.“

Das mobile Café als Premiere steuert Anja Vörtmann voller Neugier an. Sie habe bei Edeka im Ort die Ankündigung gesehen. „Eine super Idee. Als ich Kind war, war der Friedhof immer auch ein Ort für den sozialen Austausch. Schade, dass das nicht mehr so ist.“ Für sie selbst sei der Tod kein Tabu. Und dann schallt mit einmal ein herzliches „Hallo!“ von links. Die Betzhornerin, auf die ihre anfangs so zögerliche Bekannte wartet, setzt sich auf die Bank und strahlt: „Ich habe mich schon so auf den Kuchen gefreut.“ Zum dritten Mal sei sie schon beim Friedhofscafé. „Ganz, ganz großartig. Das tut wirklich gut hier“, sagt sie über das Angebot. Und deutet damit an, sicher nicht zum letzten Mal dabei gewesen zu sein. Denn es wird weitergehen – schon bald.

Das Friedhofscafe findet immer am ersten Donnerstag im Monat von 15 bis 17 Uhr auf den Friedhöfen Wesendorf und Wagenhoff statt. In den Wintermonaten pausiert das Angebot. Das letzte Treffen im Friedhofscafé wird es am 2. Oktober geben.

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