Den Ausschlag zur Namensfindung gab seinerzeit die Eröffnung einer Sonderausstellung im Historischen Museum Schloss Gifhorn zum jüdischen Leben in der Stadt. Eine Rolle spielte dabei die Familie Menke, die auch für das Uniformierte Schützenkorps, dessen Adjutant Schulleiter Dr. Detlef Eichner ist, wichtig ist. Denn mit ihr ist auch der Apfelsinenball des USK eng verbunden. „Der Name Menke hat allgemein für Gifhorn eine Bedeutung.“
Johanna Menke habe sich vor allem deshalb angeboten, weil sie aus den USA heraus trotz der Naziverbrechen weiterhin Kontakt nach Gifhorn gehalten habe, sagt Eichner. „Die Schule hat sich intensiv mit der Familie Menke auseinandergesetzt.“
Unter anderem Basiswissen über jüdisches Leben in Deutschland, die Rolle der Menkes in Gifhorn und die NS-Ideologie allgemein: Über alle Jahrgänge lief dazu eine Projektwoche, deren Ergebnisse die Schule in einer städtischen Veranstaltung präsentierte. „Die Schüler waren extrem motiviert“, freut sich Eichner.
Das überzeugte nicht nur die Gesamtkonferenz der Freiherr-vom-Stein-Schule, sondern auch die Verwaltung der Stadt als Schulträger, die letztendlich über den Namen zu entscheiden hat. „Die Arbeitsergebnisse zeigten auf, dass Familie Menke über viele Jahre eng mit der (zivil-)gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung Gifhorns verbunden war“, schreibt die Verwaltung in der Vorlage, mit der sich am Montag der Schulausschuss im Rathaus befasste. Die Verwaltung empfahl der Politik die Umbenennung in Johanna-Menke-Schule.
„Die Hauptschule nach dem Umzug zum neuen Standort nach einer Bürgerin jüdischen Glaubens zu benennen, könnte in Zeiten wieder erstarkenden Antisemitismus‘ ein starkes Zeichen für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen in Gifhorn sein“, heißt es weiter in der Vorlage. Das sieht Eichner genauso: „Das ist ein ganz deutliches, starkes Zeichen in schwierigen Zeiten. Da haben wir als Schule eine historische Verantwortung.“
Johanna-Menke-Schule war allerdings nicht der einzige Namensvorschlag, über den in der insgesamt nur 32 Minuten dauernden Sitzung des städtischen Schulausschusses befunden werden sollte. Die AfD schlug vor, die Hauptschule in Alfred-Teves-Schule umzubenennen. „Die neue Hauptschule wird in der Südstadt errichtet, dort gab es in direkter Nachbarschaft bis 2010 die Alfred-Teves-Schule, auf der viele Gifhorner zur Schule gegangen sind. Alfred Teves hat entscheiden zum Wiederaufbau von Gifhorn nach dem verlorenen Weltkrieg beigetragen“, hieß es in der Begründung.
Allerdings: Das Schulgesetz sieht vor, dass ein Schulname nur mit Zustimmung der Gesamtkonferenz der Schule sowie der Schülerinnen und Schüler vergeben werden kann, heißt es von der Stadtverwaltung. Die AfD habe ihren Antrag erst kurz vor der Sitzung eingereicht. Über den Antrag konnte demnach wohl nicht abgestimmt werden, da die Schule nicht einbezogen worden war, erklärte Fachbereichsleiter Jens Brüning während der Sitzung.
Letztlich wurde die Beschlussvorlage zur Namensgebung zur Johanna-Menke-Schule mehrheitlich angenommen. Gegenstimmen gab es von der AfD. Das Ergebnis ist aber vorerst noch eine Empfehlung - und zwar an den Gifhorner Stadtrat. Der tagt am Montag, 29. September, um 16 Uhr öffentlich im Rathaus.
Während die Politik über den Namen der neuen Hauptschule spricht, wächst deren Neubau in der Südstadt empor. Bis zum 30. September 2026 soll das Gebäude mit 7.000 Quadratmetern Nutzfläche fertig sein. Im April erfolgte der erste Spatenstich, im Juni wurde der Grundstein gelegt. Insgesamt 32 Millionen Euro hat die Stadtverwaltung für den Bau eingeplant.
Rund 420 Schülerinnen und Schüler sowie 50 Lehrkräfte sollen in dem dreigeschossigen Gebäude Platz finden. Wobei es nicht tatsächlich 420 Jugendliche sein werden, denn eingerechnet sind auch Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf, und die werden doppelt gezählt. Geplant sind für die neue Hauptschule auch eine Aula für rund 250 Personen, eine Mensa für bis zu 100 Mittagessen täglich und ein Multifunktionsraum, der unabhängig auch außerhalb des Schulbetriebs nutzbar sein soll.
Rund um die neue Hauptschule soll ein sogenannter Bildungs- und Betreuungscampus gebildet werden, vernetzt mit dem bestehenden Bildungs-, Jugend-, Freizeit- und Sportareal.