Gastronomie in Krisenzeiten: Wie es im Charly’s läuft
Für Sarah Schütz ist noch Luft nach oben - Dafür läuft es beim Foodtruck-Geschäft blendend

Jung-Gastronomin mit viel Tatendrang: „Charly`s“-Inhaberin Sarah Schütz (links) wünscht sich mehr Zuspruch fürs Restaurant. Dafür läuft es mit dem Foodtruck-Geschäft riesig.Foto: Sebastian Preuß
Gifhorn. Wer nichts wird, wird Wirt? Eine junge Frau aus Hillerse beweist gerade das Gegenteil. Sarah Schütz (36) ist seit Anfang des Jahres Inhaberin des „Charly’s“ im Kultbahnhof Gifhorn. Dort übernahm sie das mit großer TV-Scheinwerfer-Kulisse entstandene „Heiweyhs“. Der Sieger der TV-Castingshow mit Promi-Koch Frank Rosin blieb als Betreiber des Restaurants glücklos und musste schließen. Wie die Nachfolgerin mit Herzlichkeit, Gastgeber-Leidenschaft und vielen neuen Ideen den Neustart wagte, erzählt Sarah Schütz der AZ.

Ein Zufall machte Sarah Schütz zur „Charly’s“-Chefin. Und wie sie das umsetzte, sagt schon viel über sie aus. Der hinterlassene Rest der im Rampenlicht entstandenen Gastronomie entsprach so gar nicht ihrer Philosophie. „Das hatte keinen Charme, keine Seele.“ Eigentlich hatte sie dem Kultbahnhof damals nur aus der Patsche helfen wollen und mit ihrem Foodtruck vorübergehend die gastronomische Versorgung übernommen. Dabei ließ sie sich überzeugen, das geschlossene Restaurant wieder zum Leben zu erwecken.

Warum? „Ganz sicher nicht, um viel Geld zu machen. Wer in die Gastro geht, wird nicht reich“, sagt sie entschieden. „Ich bin Gastronomin durch und durch.“ Ein Thema, das in der Familie groß sei - auch bei Ehemann Kai, der sie unterstützt. Nicht von ungefähr, ist dessen verstorbener Vater doch der Namensgeber des „Charly’s“, weil er so lustig wie Charly Chaplin gewesen sei - und eben auch ein Gastronom war. Damit erklärt sich schon, wie stolz Sarah Schütz über die Seele von „Charly’s“ spricht. „Wir sind eine Familie hier. Und es gibt klassische Hausmannskost mit Qualität.“

Es könnte jedoch besser laufen mit dem „Charly’s“. Die Gründe seien vielfältig: Die Erlaubnis, Werbung an der viel befahrenen Straße machen zu dürfen, fehlt. „Das wäre sehr schön“. Das „Charly’s“ liege für viele zu versteckt an der eher unbekannten Seite des Bahnhofs Gifhorn-Süd. „Wenn sich Leute hierher verirren, dann finden sie es wunderschön“, sagt Sarah Schütz.

Und: Vermutlich durch Corona sei das Thema Essen gehen ziemlich eingeschlafen bei vielen. Und ja, auch das Thema Preise koche gerade hoch. „Aber wir kalkulieren die Preise fair, legen bei den Produkten Wert auf Qualität.“ Wer mit ihr darüber diskutieren möchte, dass man Gerichte viel billiger zu Hause kochen kann, sei fehl am Platz. Es sei ein Abwägen von Qualität - Bratkartoffeln gebe es nur mit Drillingskartoffeln, „und die sind eben etwas teurer“. Koch, Service-Personal und Nebenkosten seien ja auch noch beim Preis reinzurechnen.

Und nicht zuletzt zähle der Genuss, sich am Tisch mit frisch zubereitetem Essen verwöhnen zu lassen. Viel hat die 36-Jährige dafür neu justiert. Etwa einen wöchentlich wechselnden Mittagstisch im Angebot. Den gibt es wahlweise in großer oder kleiner Portion. „Darüber freuen sich vor allem Ältere, weil sie eben nicht mehr so viel schaffen.“ Gäste glücklich machen mit ihrer Hausfrauenküche, das mache ihr Freude. Königsberger Klopse, Fisch, aktuell Grünkohl - das komme sehr gut an. Doch ausgelastet sei das Restaurant nicht.

Dass die gelernte Konditormeisterin ein Gespür für Schleckermäuler hat, beweist sie mit ihrem zweiten Standbein. Das Foodtruck-Geschäft gehe förmlich durch die Decke. Bis über die Stadtgrenzen hinaus würde die mobile Gastronomie gebucht. Die erste Saison mit der „Elsbeth“-Fischbrötchenbude am Tankumsee sei „Bombe“ gewesen. Auch die Braunschweiger Lions setzen künftig bei Spielen auf die Foodtrucks der 36-Jährigen. Immer neue Ideen haben, auf Wünsche eingehen - das ist Sarah Schütz ein Anliegen.

Das muss sich bis nach Wolfsburg herumgesprochen haben. Künftig werde sie auch im Wissenschaftsmuseum Phaeno die Gastronomie übernehmen. Dass das „Charly’s“ auch bald auf der Erfolgswelle reitet, hofft Sarah Schütz nicht nur. Sie tut einiges, um mit neuen Ideen auch über den Gaumenschmaus hinaus zu punkten. Jüngst war es ein Open-Air-Event mit Musik. Der Zuspruch überschaubar. Aber Aufgeben ist keine Option für sie. Ein Lese-Dinner mit Sechs-Gänge-Menü ist für 30. Oktober mit dem Autor José Luis Salgnero Martin geplant. Das Konzept fürs Weihnachtsbuffet steht. Auch ein Speeddating und Tastings seien denkbar.

Ihre Liebe zur Gastronomie teilt sie aktuell mit 13 Mitarbeitenden, ihre „Familie“. Ausbildungsbetrieb möchte sie auch in Kürze werden. Stillstand ist so gar nicht ihr Ding. Wie viele Stunden sie selbst pro Tag arbeitet? „Weiß ich nicht. Mir darf einfach nicht langweilig werden.“
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