ImmoScout24 hat für die Studie den Median - also den mittleren Wert einer nach Größe sortierten Liste von Zahlen, der die Daten in zwei gleich große Hälften teilt – der E-Mail-Kontaktanfragen pro Mietangebot in 418 deutschen Städten und Landkreisen im Zeitraum August bis Oktober ausgewertet. Die Einstufung erfolgt nach fünf Kategorien basierend auf einem Index der durchschnittlichen Kontaktanfragen pro Angebot. Das Ergebnis für den Landkreis Gifhorn laut dieser Auswertung: Es gibt einen Angebotsüberhang, also vereinfacht gesagt mehr Mietwohnungen als benötigt.
Einen Angebotsüberhang an Mietwohnungen gibt es laut dieser Analyse in der Region übrigens auch in Wolfsburg und Helmstedt sowie den angrenzenden Landkreisen in Sachsen-Anhalt. Ausgewogen ist das Angebot in den Landkreisen Peine, Uelzen, Celle und Wolfenbüttel. In Braunschweig sowie der Region Hannover dagegen gibt es laut Analyse eine überhöhte Nachfrage nach Mietwohnungen, in der Stadt Hannover selbst sogar eine angespannte Nachfrage.
Doch ist diese Analyse verlässlich, spiegelt sie die Realität auf dem Mietwohnungsmarkt im Kreis Gifhorn wider? „Nach unserer Einschätzung gibt es im Landkreis Gifhorn keinen generellen Überhang an Mietwohnungen. Die Online-Angebote bei Immoscout24 und anderen Portalen bilden vor allem den aktuell vermarkteten Teil des Bestands ab – sie sagen aber nur begrenzt etwas über die strukturelle Wohnraumnachfrage, insbesondere im bezahlbaren Segment. Auffällig ist, dass die Angebotsmieten in Stadt und Landkreis Gifhorn in den letzten Jahren eher leicht gestiegen als gefallen sind; verschiedene Marktberichte und Mietspiegel weisen durchweg steigende beziehungsweise stabile Quadratmeterpreise aus, was eher für einen weiter angespannten Markt spricht als für Überangebot", heißt es dazu von Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Gifhorner Wohnungsbaugenossenschaft (GWG). Die GWG verwaltet im Kreis Gifhorn aktuell 2.357 Wohnungen – von denen keine frei ist.„Kurz gesagt: Von einem flächendeckenden Überhang an Mietwohnungen im Kreis Gifhorn kann aus unserer Sicht keine Rede sein. Wir beobachten vielmehr einen angespannten Markt im unteren und mittleren Preissegment bei gleichzeitigen Überhängen in Teilmärkten, in denen die Mieten oder die Qualität der Wohnungen nicht zu den Einkommen vieler Haushalte passen. Ursachen sind unter anderem der hohe Anteil älterer, sanierungsbedürftiger Bestände, gestiegene Bau- und Finanzierungskosten sowie eine zu geringe Neubauaktivität im wirklich bezahlbaren Segment“, so Otto weiter. Und: „Die von der IG BAU genannten Defizite – insbesondere der hohe Anteil älterer Gebäude und der Bedarf an zusätzlichem, bezahlbarem Wohnraum – decken sich im Grundsatz mit unseren Erfahrungen aus der täglichen Vermietungspraxis.“
Die IG BAU Nord-Ost-Niedersachsen hatte im Sommer angemahnt, dass es „jetzt einen Aufschwung für´s Wohnen geben muss. Und davon müssen auch der Landkreis Gifhorn und Niedersachsen profitieren“, sagte Dieter Großmann, Vorsitzender der IG. Notwendig seien vor allem Sozialwohnungen und bezahlbare Wohnungen.
Nach Angaben der Gewerkschaft sind im vergangenen Jahr im Kreis Gifhorn 583 Wohnungen neu gebaut worden – 358 davon in Ein- und Zweifamilienhäusern. Zu wenig, laut einer aktuellen Studie des Pestel-Institutes fehlen im kreis rund 1.100 Wohnungen: „Jede Wohnungmehr zählt. Es gibt aber auf jeden Fall Luft nach oben: Auch der Landkreis Gifhorn braucht eine Neubau-Offensive, ebenso mehr Sanierungen. Vor allem fürs seniorengerechte Wohnen“, so Dieter Großmann von der Gewerkschaft.
Dass es einen Bedarf vor allem an bezahlbarem Wohnraum gibt, macht die Verwaltung des Landkreises Gifhorn am sozial gefördertem Wohnraum fest. „Das derzeitige Versorgungsniveau an sozial gefördertem Wohnraum für den gesamten Landkreis Gifhorn (ohne die Stadt Gifhorn) mit 20 Wohneinheiten (etwa 0,04 Prozent aller Wohneinheiten) ist unzureichend. Von daher hat der Kreistag in seiner Beratung des Wohnraumversorgungskonzeptes anerkannt, dass der Bedarf an sozial gefördertem Wohnungsbau (Neubau und Modernisierungsbau) bis 2040 bei 390 Wohneinheiten (etwa 0,75 Prozent aller Wohneinheiten) gesehen wird“, teilt der Landkreis mit.
In nackten Zahlen: Es müssen in den kommenden 15 Jahren 370 Sozialwohnungen gebaut werden. Und der Bedarf in der Stadt Gifhorn ist da noch nicht mit eingerechnet.
Wie dieses Ziel erreicht werden kann, bleibt abzuwarten, denn: „Der Landkreis selbst ist nicht als Akteur im Wohnungsmarkt tätig. Beispielsweise verfügen wir nicht über eine landkreiseigene Wohnungsbaugesellschaft. Auch liegt die Ausweisung von Wohnbauflächen entsprechend der kommunalen Planungshoheit bei den jeweiligen Kommunen vor Ort. Die Wohnbauprojekte als solche werden dann entweder durch private Investoren oder auch durch Wohnungsbaugenossenschaften realisiert.“