Die Inflation ist im März leicht gesunken. Zu verdanken ist das aber fast ausschließlich einer Warengruppe: Dank gefallener Rohölpreise sind Sprit und Heizöl derzeit deutlich günstiger als vor einem Jahr. Viele andere Produkte haben sich dagegen weiter verteuert. „Für die privaten Haushalte fielen im März die erneut höheren Preise für Nahrungsmittel besonders ins Gewicht“, sagte Ruth Brand, die Präsidentin des Statistischen Bundesamts (Destatis).
Destatis bestätigte, dass die Preise im März um durchschnittlich 7,4 Prozent höher waren als ein Jahr zuvor. Damit hat sich die Teuerung gegenüber fast 9 Prozent zu Beginn des Jahres abgeschwächt. Die jetzt veröffentlichten Details zeigen allerdings auch, dass Durchschnittshaushalte von der Entspannung noch nicht viel spüren.
Bei Nahrungsmitteln beschleunigte sich der Preisauftrieb sogar noch: Sie sind im Durchschnitt um 22,3 Prozent teurer als vor einem Jahr. Ganz vorn liegen dabei Molkereiprodukte und Eier mit fast 35 Prozent und Gemüse mit gut 27 Prozent. Gerade beim frischen Gemüse sind saisonale Preisschwankungen zwar normal, jetzt fallen sie aber deutlich aus: 2022 verteuerte sich Gemüse in den ersten drei Monaten des Jahres um 6 Prozent, in diesem Jahr waren es von Januar bis März 29 Prozent.
Auch die USA haben einen Rückgang der Inflation gemeldet. Dort ist die jährliche Teuerung inzwischen auf 5 Prozent gesunken und damit etwas deutlicher als erwartet. Die Erzeugerpreise – eine Vorstufe der Verbraucherpreise – sind nur noch um 2,7 Prozent gestiegen, Wie in Europa macht allerdings auch in den USA die Kerninflation Sorgen. Bei dieser Zahl werden stark schwankende Preise etwa für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet. Sie gilt deshalb als Indikator dafür, wie hartnäckig die Inflation bleiben wird. In Deutschland ist sie zuletzt leicht auf 5,9 Prozent gestiegen, in den USA auf 5,6 Prozent.
Die neuen Daten befeuern die Diskussion darüber, wie die Notenbanken bei ihren bevorstehenden Zinsentscheidungen Anfang Mai reagieren sollen. Der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann sprach sich in der „Börsen-Zeitung“ für einen weiteren großen Zinsschritt der EZB aus: „Die Hartnäckigkeit der Inflation“ spreche für eine Erhöhung der Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt.
Holzmann ist Anhänger einer straffen Geldpolitik, ein sogenannter Falke, und repräsentiert meist nicht die Mehrheit im EZB-Rat. Dort wächst inzwischen die Sorge, dass die Zentralbank mit weiteren Zinserhöhungen über das Ziel hinausschießen könnte. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters ist eine geringere Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte zu erwarten. Eine gleich große Erhöhung erwarten die meisten Expertinnen und Experten auch in den USA. Dort könnte es aber bereits die letzte sein.
Bei den Notenbanken wird zunehmend auch ein Preistreiber diskutiert, gegen den sie mit Geldpolitik wenig ausrichten können: In manchen Branchen machen die Unternehmen höhere Gewinne trotz höherer Kosten – sie haben ihre Preise deutlicher erhöht, als es nötig gewesen wäre. Das Ifo-Institut stellte bereits im vergangenen Dezember in einer Analyse fest: „Vielmehr scheinen einige Unternehmen den Kostenschub auch als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine noch stärkere Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern.“ Das legten jedenfalls die amtlichen Statistiken nahe. In einigen Bereichen gebe es „nicht nur eine Kosteninflation, sondern ganz offensichtlich auch eine ‚Gewinninflation‘“.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte nach der Zinssitzung Mitte März, dass der Rat erstmals auch über die Gewinnmargen der Unternehmen und ihren Zusammenhang zur Inflation gesprochen habe. „Viele konnten ihre Margen erhöhen“, so Lagarde – die Einnahmen der Unternehmen stiegen also stärker als ihre Kosten. Darauf hat die EZB aber keinen Einfluss.