Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) sieht den Grund in der Globalisierung und in der Nachlässigkeit der Regierung. Arzneimittel werden heutzutage globalisiert hergestellt und immer stärker spezialisiert. Daher gibt es für manche Wirkstoffe weltweit nur noch wenige Hersteller. Wenn dann noch Produktionsausfälle oder Lieferengpässe hinzukommen, beginnt der Medikamenten-Mangel.
Die ABDA erklärt auch, dass sich die Produktion von patentfreien Medikamenten in Deutschland für viele Hersteller finanziell nicht mehr lohne und deswegen die Produktion ins Ausland verlegt oder sogar ganz eingestellt werde. Lieferengpässe und Produktionsschwierigkeiten haben wiederum zur Folge, dass schlichtweg nicht genug Medikamente für alle Verbrauchenden zur Verfügung stehen.
Dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zufolge stammen 80 Prozent der hierzulande verwendeten Antibiotika aus China. Aktuell gebe es in Deutschland nur noch einen Hersteller, der Antibiotika-Säfte produziert. Die Produktion sei nicht mehr produktiv gewesen, daher hätten sich viele Hersteller zurückgezogen. Und die Hersteller, die noch Medikamente anbieten, verkaufen diese dem Wolfsburger Apotheker zufolge nicht nach Deutschland. „Die Industrie verkauft die Arzneimittel dahin, wo es mehr Geld gibt – und daher landen sie nicht auf dem deutschen Markt“, erklärt Rainer Camehn. An der holländischen Grenze gebe es demnach noch Medikamente.
Das meistverordnete Antibiotikum in Deutschland ist laut ABDA das Breitband-Antibiotikum Amoxicillin, das bei bakteriellen Infektionen der Atemwege, Harnwege, Haut, Magen und Darm eingesetzt wird. Nach Angaben einer Mitarbeiterin der Apotheke am Hoffmannhaus in Fallersleben seien die Patienten gut informiert über den Medikamenten-Mangel. „Sie rufen an, ob beispielsweise das Antibiotikum für das Kind vorrätig ist. Das machen auch manche Ärzte. Doch vom Amoxicillin gibt es momentan keine Säfte, wir haben nur noch Tabletten“, sagt die Fachkraft.
In manchen Fällen wird mit dem Arzt Rücksprache gehalten, ob ein anderes Präparat verschrieben werden kann. „Falls das nicht möglich ist, telefonieren wir mit den Kollegen und fragen in anderen Apotheken nach dem Medikament. Außerdem setzen wir uns auf die Wartelisten der Lieferanten. Wir tun alles, um die Zeit des Medikamenten-Mangels zu überbrücken“, betont die Mitarbeiterin der Wolfsburger Apotheke.