Anlass war eine Präsentation der Pläne für den Neubau, in der für die jetzige Brücke „kein Wiedererkennungswert“ vermerkt war. Die Befürchtung: Nun soll dort ein Vorzeigebau entstehen. „Das ist genau nicht der Gedanke“, beruhigte Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide. Es gebe mit dem Berliner Haus oder der VW-Arena bereits markante Bauwerke, daher solle die Brücke eher „einfach und schlank“ gebaut werden. Schon ein Zweckbau mit voraussichtlich sechs Spuren wird teuer genug. Die Stadt geht derzeit von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag aus, ein Tunnel wäre laut eines Gutachters viermal teurer als eine Brücke – ist also vom Tisch.
Zu „schlank“ dürfe der Neubau auch nicht sein, sagte Ausschussvorsitzender Kai Kronschnabel (CDU). Die Berliner Brücke sei nicht nur für die Stadt, sondern auch für Menschen im Landkreis Gifhorn eine wichtige Verkehrsanbindung. Der Neubau müsse genügend Kapazitäten haben, um bei einer Sperrung der anderen Brücken über den Mittellandkanal als „Backup-Bauwerk“ genutzt werden zu können. „Man braucht nicht darüber nachzudenken, was bei einer Vollsperrung passieren würde.“
Wie eine solche Vollsperrung verhindert werden soll, erläuterte Oliver Iversen, Leiter des Geschäftsbereichs Straßenbau. Die neue Brücke soll aus zwei getrennten Überbauten bestehen. Zunächst soll auf der Seite der Autostadt die erste Hälfte der neuen Brücke gebaut werden. Währenddessen soll die alte Berliner Brücke weiterhin nutzbar sein. Sobald die erste Hälfte der neuen Brücke steht, soll der Verkehr „auf kurzem Weg“ auf den Überbau umgeschwenkt werden. Im nächsten Schritt will die Stadt die alte Brücke abreißen und an der Stelle den zweiten Teil der neuen Brücke bauen. Sobald dieser fertig ist, will die Verwaltung die zuerst gebaute Hälfte an die zweite Hälfte heranschieben. Der Verkehr soll wie derzeit über zwei Spuren fließen können, wenn auch mit eingeschränktem Tempo.Eigentlich sollten diese Erläuterungen auch schon in einer gemeinsamen Sondersitzung den Ortsräten vorgestellt werden, doch der vorgesehene Termin wurde im Rathaus vergessen, was für heftige Kritik sorgte. Die Stadt leistete bereits Abbitte, im Ausschuss baten Stadtbaurat Hirschheide und Iversen erneut um Entschuldigung. Am 1. Juni soll nun die Vorstellung der Pläne im Ortsrat Nordstadt nachgeholt werden, am 13. Juni die Infos für den Ortsrat Stadtmitte folgen. Um deren Fragen und Ideen berücksichtigen zu können, beantragte Jens Tönskötter (PUG) eine erste Lesung, was alle übrigen Ausschussmitglieder mittrugen. Abgestimmt wird im Bauausschuss also erst bei der nächsten Sitzung, die entscheidende Ratssitzung steht im Juli an.Zu den Wünschen aus den Ortsräten gehört unter anderem eine bessere Anbindung an die Innenstadt, etwa über die Straße An der Vorburg. Phaeno und Designer Outlets sollen für Fußgänger und Radfahrer künftig einfacher erreichbar sein. Außerdem sei ein Zugang zum Betriebsweg am Kanal gewünscht, wie Iversen erläuterte. Thomas Heyn (SPD) wünschte sich einen flacheren Anstieg für Radfahrer. „Der jetzige Fahrradweg ist ganz schön heftig.“ Generell gebe es bei der Barrierefreiheit Verbesserungsbedarf, insbesondere am St.-Annen-Knoten, wie Yannik Spyra vom Beirat für Inklusion und Teilhabe ansprach.
Noch offen ist, ob eine von drei Spuren für jede Fahrtrichtung künftig ausschließlich den Bussen vorbehalten bleibt. Hans-Georg Bachmann (SPD) sagte mit Blick auf die geplante Alternative Grüne Route (AGR), das neue Bauwerk sei ein wichtiger Baustein zur Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs. „Wir müssen einen wesentlichen Vorteil des ÖPNV gegenüber dem Individualverkehr hinbekommen.“
Auch die Verkehrsführung für Fußgänger und Radfahrer steht noch nicht fest. Eine mögliche Variante sei eine separate Geh- und Radweg-Brücke. Diese könnte „halbwegs kostenneutral“ gebaut werden, da bei der Hauptbrücke dann auf die breiten Nebenanlagen verzichtet werden könne. Die Verbindung über den Kanal sei während der voraussichtlich zwei Jahre dauernden Bauarbeiten nur „sehr eingeschränkt“ nutzbar, erläuterte Iversen.