Gemeint ist Paragraf Zehn der Verordnung über die öffentliche Sicherheit der Stadt Wolfsburg: Fütterungsverbot für wild lebende Tiere im Stadtgebiet, insbesondere für Tauben,Wildschweine, Enten, Wildgänse und Kaninchen. Das Füttern ist nicht ohne Grund untersagt, denn Lebensmittel wie Weißbrot verderben im Freien schnell, erklärt Vize-Vorsitzender Volker Lewanowski vom Wolfsburger Nabu. Die Winterfütterung von Vögeln mit Vogelfutter an geeigneten Plätzen gehe in Ordnung, doch auf den besagten Essensresten könnten sich Schimmel oder Bakterien bilden, was die Tiere krank machen oder sogar zu deren Tod führen könne. „Weißbrot schimmelt sehr schnell und ist dann giftig.“ Nicht nur Wildtiere, sondern auch beispielsweise Hauskatzen oder Hunde könnten angelockt werden und durch ungeeignetes oder verdorbenes Futter Schaden erleiden. Am Ende könne nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern möglicherweise sogar eine Straftat bestehen. „Es läuft auf Tierquälerei oder den Tod der Tiere hinaus.“
Schlimmstenfalls können durch das Essen Ratten angelockt werden. Für Börner sind die Vögel schon Ärger genug. „Wir haben hier eine Tauben- und Spatzenpopulation, die immer größer wird. Die Tiere warten nur darauf, dass neues Futter ausgebracht wird.“ Tatsächlich lauern beim Besuch der WAZ auffällig viele Tauben auf dem Dach. Die machen jede Menge Dreck, sagt Börner. „Der Vogelkot und die Federn, die auf dem Balkon landen, bergen auch gesundheitliche Gefahren.“ Er habe sich mehrmals an Volkswagen Immobilien und Ordnungsamt gewandt. Doch das Füttern gehe weiter. Die zuständige Wohnungsgesellschaft Volkswagen Immobilien (VWI) habe zwar schon Maßnahmen gegen die Tauben getroffen. Das koste aber unter dem Strich alle Mieter Geld, nur weil jemand gegen die Hausordnung verstoße – und die Vögel kämen trotzdem wieder.
VWI bestätigt, die Dachrinnen seien im vergangenen Jahr mit Spikes versehen worden, um die Tauben von der Landung abzuhalten und zu vergrämen. „Im nächsten Schritt wird nun Kontakt mit den genannten Mietparteien aufgenommen und der zuständige Hauswart wird das betroffene Gebiet verstärkt kontrollieren“, so ein Sprecher. „Natürlich ist es auch in unserem Sinne, dass die Außenanlagen unserer Wohnungsbestände sauber bleiben, weshalb wir uns mit einem Lösungsvorschlag wieder bei Herrn Börner melden werden.“ Dieser habe am Montag eine ausführliche Stellungnahme vom Kundenservice erhalten.
Und das Ordnungsamt? Die Verwaltung der Stadt erklärt, dass sie in der Regel durch Bürgerbeschwerden Kenntnis von Verstößen gegen das Fütterungsverbot erhalte. Diese würden häufiger in der Nähe von Teichen oder Waldrändern angezeigt. Im Fall von Wasservögeln warnt der Nabu vor einer Überdüngung des Gewässers durch Brotreste und Exkrementen der Tiere, was zu Algenwachstum führen könne. Was die damit verbundene Sauerstoffzehrung anrichten kann, erlebte Wolfsburg schon häufiger bei Fischsterben in Teichen und Aller.Die Ordnungsbehörde geht gegen Verstöße indes nicht gleich mit voller Härte vor. Zunächst würden Mahnungen ausgesprochen und auf das Fütterungsverbot hingewiesen, auch im konkreten Fall. „Im Wiederholungsfall werden allerdings Bußgeldverfahren eingeleitet. In den vergangenen drei Jahren kam es erfreulicherweise nur dreimal zu einem solchen Verfahren“, so ein Stadtsprecher.