Die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Annette Kurschus, sagt: „Kirchen sind durch ihre bauliche Beschaffenheit und ohne den Einsatz von Kühltechnik häufig die kühlsten Orte in Stadt und Land – in den bevorstehenden Sommertagen können diese Gebäude Menschen Schutz vor Hitze bieten.“ Mit ihren kühlen Gebäuden in Stadt und Land könne die Kirche gleichzeitig zum Gesundheits- und zum Klimaschutz beitragen. „Diesen Schatz möchten wir mit möglichst vielen teilen, die von Hitze geplagt sind oder auch nur eine kurze Abkühlungspause brauchen“, so Kurschus.
In Wolfsburg ist es zum Beispiel die Bonhoefferkirche in Westhagen, die donnerstags von 10 Uhr bis 12 Uhr eine offene Kirche anbietet. Pastorin Sarah Pantke von der Stephanusgemeinde findet die Idee durchaus interessant, außerhalb der Gottesdienste ist ihre Stephanuskirche in Detmerode bisher allerdings nicht geöffnet. „Für mich ist aber denkbar, das im August für fünf Stunden pro Woche anzubieten“, sagt sie. Noch bis September – dann verlässt sie die Gemeinde als Pastorin.
Und Pfarrer Thomas Hoffmann von der katholischen Pfarrei St. Christophorus Wolfsburg berichtet: „Über Kälteräume haben auch wir gesprochen, obwohl sie bei dem aktuellen Wetter nicht nötig wären, aber sehr bald nötig sein könnten.“ Dann soll die Christophoruskirche am Antonius-Holling-Weg für Menschen der Stadt als Kälteoase zur Verfügung stehen. „Wenn es dazu kommt, werden wir die Kanäle unserer Öffentlichkeitsarbeit nutzen und die Medien informieren, um Menschen einzuladen“, kündigt der Pastor an.
Mourthada Demaj vom Islamischen Kulturzentrum am Berliner Ring findet die Idee ebenfalls gut: „Sollten Menschen Zuflucht vor der Hitze suchen, können auch sie dies bei uns finden, wir sind offen für alle Menschen unserer Stadt und bieten unsere Moschee-Räumlichkeiten gern an.“
Karsten Heitkamp vom evangelischen Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen ist die Aktion von Diakonie und evangelischer Kirche bekannt. „Es bietet sich ja in der Tat an: Wir haben kühle Kirchen – die kann man bei großer Hitze gut anbieten“, erklärt Heitkamp. In etlichen Kirchengemeinden werde das seit vielen Jahren so praktiziert, unabhängig von der Wetterlage. „Kirchen sind tagsüber geöffnet, man kann dort einkehren, innehalten, ausruhen“, sagt er. Nach seiner Wahrnehmung gebe es besonders in touristisch beliebten Gegenden „verlässlich geöffnete Kirchen.“
Die Kehrseite: „Längst nicht in alle Kirchen kann man außerhalb der Gottesdienstzeiten einfach so reingehen“, sagt Heitkamp. Viele seien unter der Woche geschlossen. Oft spiele es bei den Öffnungszeiten eine Rolle, ob während der Öffnung eine Kirche „bewacht“ sein soll. „Viele Kirchen enthalten Kunstgegenstände und wertvolles Inventar, und wenn sich eine Kirchengemeinde gegen eine verlässliche tägliche Öffnung der Kirche entscheidet, so geschieht dies meist aus Sorge vor Beschädigungen oder Diebstahl“, so Heitkamp. „Eine durchgehende „Stallwache“ zu organisieren sei mit erheblichem Aufwand verbunden und deshalb oft nicht darstellbar.
Mit Blick auf die Bestrebungen von Diakonie und evangelischer Kirche stellt er klar: „Unsere Kirche ist anders als Großunternehmen strukturiert, es werden nicht Vorgaben von einer Zentrale an Filialen oder Unterorganisationen gemacht, sondern die Kirchengemeinden entscheiden jeweils eigenständig.“