So ist Baloglu ein anwaltliches Schreiben zugestellt worden. Darin wird ihm unter anderem geschäftsschädigendes Verhalten vorgeworfen. Außerdem steht am 26. Oktober noch eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Braunschweig zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung an. Das Schreiben an Baloglu flatterte im Nachgang der Betriebsversammlung vom 19. September 2023 ein. An dem die Geschäftsführung nicht teilgenommen hatte, wie aus einem der AZ/WAZ vorliegenden Schreiben vom 19. September des Unternehmens hervorgeht. „Aufgrund der aktuell laufenden Aktivitäten aufseiten unseres Betriebsrates, des Herrn Baloglu (IG Metall) und der Beraterfirma Grantiro, sehen wir von unserer Teilnahme ab“, heißt es.
Hintergrund ist der Streit um die Beraterfirma Grantiro. Gewerkschaft und Betriebsrat wollen die Firma einsetzen, um mithilfe von Mitarbeiterbefragungen und deren Ideen ein zweites Standbein für das Unternehmen aufzubauen. „Wir haben einen Betriebsrat, der sich Sorgen um die Zukunft der Belegschaft und des Unternehmens macht und Lösungen sucht. Ihm werden aber Knüppel zwischen die Beine geworfen“, sagt Baloglu. Bei Grantiro handele es sich um ein kompetentes Unternehmen, das genau das bieten könne. Daher habe er auf der Betriebsversammlung am 29. Juni vorgeschlagen, diese zu engagieren. Ziel sei es ein Ideenmanagement zu installieren. „Ideenmanagement ist bisher ein Fremdwort. Es ist Kompetenz vorhanden, sie wird aber nicht genutzt“, sagt Betriebsrat Robert Meyer. Dabei wolle die Belegschaft vor allem sichere Arbeitsplätze.
Volke sieht das vollkommen anders. „Das vorgeschlagene Unternehmen ist keine Beratungsgesellschaft, die in der Branche Erfahrung und Reputation besitzt“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Hinzu kommt aus Unternehmenssicht, dass das vorgeschlagene Verfahren zur Abschöpfung internen Know-hows genutzt werden könnte. Als VW-Zulieferer sei es Volke vertraglich auch gar nicht erlaubt, solch eine von außen aufoktroyierte Firma ins Haus zu lassen. Kurz gesagt, Volke fürchtet Industriespionage. In einem der AZ/WAZ vorliegenden Schreiben vom 18. September an die Belegschaft wird das Unternehmen deutlich: „Wir werden ein solches trojanisches nicht in unserem Betrieb einlassen“, heißt es dort.
Aus Sicht von IG Metall und Betriebsrat sind das fadenscheinige Argumente. Zudem könne vertraglich eine Verschwiegenheitserklärung vereinbart werden, sodass ein Informationsabfluss nicht möglich sei. „Das sind anerkannte Experten“, sagt Baloglu. Der Spionagevorwurf sei lächerlich. Das Unternehmen wolle der Belegschaft ein falsches Bild der Lage zeichnen.
Der Sprecher von Volke wiederum betont, dass das Unternehmen selbst die Hoheit über die Entscheidung haben wolle, ob es eine Beratung brauche oder nicht. Auf die Frage, ob es aus Sicht des Unternehmens eine solche brauche, um die Transformation bei Volke zu gestalten, lautet die Antwort: „Nein“.
Der Zwist bei Volke um Grantiro wird auch das Arbeitsgericht in Braunschweig beschäftigen. Zunächst ist noch im Oktober ein Gütetermin angesetzt. Geklagt hat die Arbeitgeberseite, die den Betriebsrat untersagen will, dass dieser den externen Sachverständigen Grantiro beauftragt und nach Wolfsburg in den Betrieb holt. Beide Seiten sehen es als realistisch an, dass es keine gütliche Einigung geben wird. Beide Seiten streben ein Urteil in der Sache an.
Der Konflikt zwischen IG Metall und Betriebsrat auf der einen Seite und der Unternehmensführung auf der anderen Seite hatte sich über die vergangenen Monate immer mehr zugespitzt. Die Gewerkschaft sprach unter anderem von einer Schlankheitskur für Volke durch Entlassungen, um das Unternehmen an Investoren zu verkaufen. Der Besitzer und die Geschäftsführung hatten diesen Vorwurf zurückgewiesen.