Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll es im Dezember 2021 zu einem Vorfall in einer Diskothek in der Innenstadt gekommen sein. Demnach habe der Mann der jungen Frau von hinten ans Gesäß und dann zwischen die Beine gefasst. Anschließend soll er grinsend an der Frau vorbeigegangen sein. Die 28-Jährige habe die Disko daraufhin verlassen.
„Das stimmt nicht“, bestritt der Angeklagte die Vorwürfe. Er habe die Nacht zwar mit einem Kumpel in der Diskothek verbracht, jedoch habe er die Tat nicht begangen. „Zu dem Zeitpunkt war ich auf Bewährung. Da wäre es hirnrissig, so eine Straftat zu begehen“, sagte er. Zudem habe er zu diesem Zeitpunkt einen „Job mit Zukunft“ gehabt, den er auf keinen Fall durch Straftaten gefährden wollte.
Zum Hintergrund: Bereits im Jahr 2020 war der 28-Jährige wegen sexueller Belästigung zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Auch seinerzeit war die 28-Jährige das Opfer.
Während der Angeklagte bis zum Ende der Verhandlung seine Unschuld beteuerte, schilderte die 28-Jährige den Sachverhalt anders. Sie berichtete, welche Auswirkungen der Vorfall aus dem Jahr 2020 noch heute auf sie habe. „Ich habe ihn gesehen und wollte eigentlich wieder nach Hause“, betonte sie, weil jede Begegnung mit dem 28-Jährigen für sie schwierig sei. Doch sie habe sich nicht verstecken und der Situation stellen wollen und daher die Disko besucht.
Dort habe sie dann jedoch „aus dem Nichts“ eine Hand zwischen ihren Beinen gespürt und sich umgedreht. „Er stand hinter mir und hat mich eklig angegrinst“, schilderte sie. Völlig aufgelöst habe sie dann die Disko verlassen und sich von ihrer Freundin abholen lassen.
Die 25-jährige Freundin sagte vor Gericht ebenfalls als Zeugin aus. Sie berichtete, wie aufgelöst die 28-Jährige gewesen sei. „Man hat gemerkt, dass sie Angst und Panik hat.“ Selbst, als sie mit ihr bei sich zu Hause angekommen gewesen sei, habe sie ihre Freundin nicht beruhigt bekommen. Daher habe sie schließlich deren Mutter angerufen. Mutter und Tochter seien dann gemeinsam zur Polizei gefahren, um Anzeige zu erstatten.
Vor Gericht schilderte die 61-jährige Mutter, dass sie zunächst nicht viel aus ihrer Tochter herausbekommen habe, was denn geschehen sei. „Er hat es wieder getan“, sei das Einzige, was sie gesagt habe. „Sie zitterte am ganzen Körper.“ Die Mutter berichtete zudem, wie sich ihre Tochter seit dem ersten Vorfall im Jahr 2020 verändert habe. Sie meide es, sich in Wolfsburg aufzuhalten. Zudem leide sie unter Kopfschmerzen und Schlafstörungen.
Auch die 28-Jährige hatte zuvor berichtet, dass sie teilweise von den Geschehnissen träume. „Ich habe gemerkt, dass ich auch den ersten Vorfall nicht verarbeitet, sondern nur verdrängt hatte“, berichtete sie. Daraufhin habe sie sich anschließend professionelle Hilfe gesucht.
Der 28-jährige Kumpel des Angeklagten, mit dem er gemeinsam die Disko besucht hatte, sagte ebenfalls vor Gericht aus. „Ich habe nichts wahrgenommen“, schilderte er, von einer Straftat nichts mitbekommen zu haben. Die 28-Jährige sei an den beiden Männern vorbeigegangen und habe bestürzt ausgesehen, sagte er. Mit seinem Freund habe er anschließend darüber gesprochen, ob die junge Frau dem 28-Jährigen etwas anhängen wolle.
Für den Staatsanwalt war die Sache klar. Er sah die Schuld des 28-Jährigen als erwiesen an und forderte eine Haftstrafe von zehn Monaten. Für den Verteidiger war die Situation nicht so eindeutig. „Ich weiß nicht, wer hier eine Geschichte erzählt und wer die Wahrheit sagt“, sagte er. Daher sei im Zweifel zugunsten des Angeklagten zu entscheiden. Er forderte Freispruch für seinen Mandanten. Zudem ging er auch noch einmal auf die bereits erfolgte Verurteilung ein. Seinerzeit habe der Angeklagte die Tat ebenfalls bestritten und war in erster Instanz vor dem Amtsgericht Wolfsburg zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Der Fall ging dann in zweiter Instanz vor das Landgericht. Dort habe sein Mandant nur wegen einer Aussicht auf Bewährung ein Geständnis abgelegt.
Der Richter blieb mit seinem Urteil zwar zwei Monate unter der Forderung des Staatsanwaltes, sah die Schuld des Angeklagten jedoch auch als gegeben an. Die Aussagen der 28-Jährigen seien überzeugend gewesen, sagte er. „Sie hat den Sachverhalt ohne Widersprüche geschildert. “ Zudem habe es auch keine Abweichungen zu der polizeilichen Aussage gegeben, die inzwischen mehr als zwei Jahre zurückliege. Er bescheinigte dem 28-Jährigen, ein „spezieller Bewährungsversager“ zu sein, da auch die bereits verurteilte Tat zum Nachteil derselben Person geschehen sei. Zudem seien die Folgen für die Frau massiv. Eine Bewährung komme daher nicht in Frage.