Auf Facebook sei er unter anderem als Verräter und Streikbrecher beschimpft worden – wobei dies noch die harmloseren Kommentare gewesen seien. Rund 4.700 Kommentare finden sich inzwischen unter dem eingangs genannten Beitrag. „Nach den ersten 1.000 Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen gab es dann eine noch viel größere Welle an Zustimmung“, freut sich der Wolfsburger. Doch so richtig ins Rollen kam alles erst durch den Aufkleber.
Eine Kundin hatte gefragt, ob sie nicht eine Dose haben könnte mit einem „FCK AFD“-Aufkleber. „Wir haben ein paar Dosen gemacht. Und während diese auf die Abholung warteten, hat jeder zweite Kunde gefragt, ob er nicht auch welche haben könnte. Da scheine ich einen Nerv getroffen zu haben“, sagt Olivier. Er stellte die Dosen in seinen Shop und bewarb die Sonderedition seines Kaffees „Bella-Ciao“ auch bei Facebook mit je einem Euro Spende für die Flüchtlingshilfe pro Paket. „Daraus ist dann so eine Medien- und Internetwelle entstanden. So ganz habe ich das auch noch nicht verstanden“, sagt Olivier. Der „FCK AFD“-Kaffee fand reißenden Absatz: Ende Januar waren es nach seiner Zwischenbilanz 830 Dosen, eine erste Spende für die Flüchtlingshilfe rundete der Kaffeeröster auf 1.000 Euro auf. Inzwischen sei „locker das Dreifache“ bestellt worden. Weil irgendwann die Ventil-Dosen ausgingen, bietet er den Kaffee inzwischen in Tüten an – ebenfalls mit Aufkleber.
Seit fast einem Monat nimmt die Pflege der Facebookseite des „Olivier Caffè“ nun viel Zeit in Anspruch. Der Unternehmer versucht, alle Kommentare auch zu lesen, um etwaige Drohungen anzuzeigen. Unter seinem Post hätten sich Beschimpfungen, Beleidigungen und sogar Morddrohungen gefunden. Unbekannte würden ihn und sein Team zum Teil auch per E-Mail oder Telefon bedrohen. Einige Beispiele nannte Olivier selbst auf Facebook: „Wir schmeißen Euch die Fenster ein“, „Wir warten nach Feierabend auf dich“ oder „An den Galgen mit dir“.
Außerdem vergaben User für seinen Laden im Netz ziemlich eindeutige Ein-Sterne-Bewertungen wie zum Beispiel „Der Kaffee schmeckt nach links grüner Faschistenscheiße!“. Die geschäftsschädigenden Rezensionen konterten wiederum Oliviers Unterstützer mit positiven Bewertungen seines Ladens.
„Und das alles wegen eines Aufklebers auf einer Tüte Kaffee“, meint Olivier. Einschüchtern lassen will er sich nicht. Kommentare wie „Konzentriert euch auf das, was ihr könnt und mischt euch nicht in Politik ein!“ beantwortet er mit dem Bild eines Cappuccinos, dessen Milchschaum den „FCK-AFD“-Schriftzug bildet. Der Wolfsburger erhält zudem viel Zuspruch für seine klare Haltung. Die meisten Kommentare unter seinem Post sind Lob und mutmachende Worte.
„Lasst euch nicht einschüchtern“ oder auch „Gelesen und sofort Kaffee bestellt. Danke für die klare Kante“ ist unter seiner Facebook-Nachricht zu lesen. Positive Resonanz gibt es nicht nur im Netz. „Viele Leute haben sich telefonisch, per E-Mail oder im Laden bedankt, dass sich jemand traut, mal was zu sagen, weil viele sich im Internet aus Angst vor Beleidigungen oder einem Shitstorm nicht mehr äußern“, sagt der Wolfsburger. „Diese Welle der Solidarität zeigt, wie wichtig es ist, sich zu positionieren. Gerade wenn Personen oder Unternehmen in der Öffentlichkeit stehen.“ Geschlossen hatte Olivier seine Rösterei übrigens dann doch – am 2. Februar, um sich an der Demo gegen Rechtsradikalismus in Wolfsburg zu beteiligen.