Kafkas Amerika-Roman schildert die Geschichte des 17-jährigen Karl Roßmann, den seine Eltern aus dem Haus werfen, weil er das Dienstmädchen geschwängert hat. Voller Hoffnung erreicht er mit dem Schiff Amerika und ahnt noch nicht, dass das Land der unbegrenzten Möglichkeiten für ihn einen stufenweisen sozialen Abstieg bedeutet. Der eiserne Vorhang und der schmale Bühnenvorsprung lassen gerade noch genug Platz für einen Stuhl und einen Koffer. Eine kühle, beklemmende und einengende Atmosphäre, in der der Schauspieler die über 300 Seiten des Romanfragments „Amerika“ auf Wesentliches beschränkt und genial in einem Solo von 80 Minuten verdichtet.
Hochmaier spielt die Figur des Karl nicht nur, er lässt ihn authentisch werden. Von der unbeschreiblichen Schauspielkunst angesteckt, wird das Publikum spürbar zu innerlich Beteiligten der Stationen des Protagonisten. Von einem Moment zum anderen schlüpft er in die Rolle der handelnden Personen mit typisierendem Sprachcharakter. Karl ist dem Leben positiv zugewandt, auch wenn die eigene Gutgläubigkeit durch unglückliche Verläufe und Ungerechtigkeiten seine Situation zunehmend ausweglos machen. Statt sein Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung verwirklichen zu können, gerät er in immer neue Abhängigkeiten. Er nimmt kaum wahr, dass die Größe der umgebenden Lebenssituation ihn überfordert.
Bereits die Dimension des Schiffs bei der Ankunft im Hafen lässt ihn herumirren und an die Wand klopfend, pausenlos schreien: „Ich habe mich verirrt!“ Mehrdeutig programmatisch für Karls Lebenslauf. Das beginnt im zufälligen Aufeinandertreffen mit dem „reichen Onkel aus Amerika“ und seiner Fürsorge, die Karl nicht zu nutzen weiß. Stattdessen macht er Bekanntschaft mit den zwei heruntergekommenen Landstreichern Robinson und Delamarche, die ihn ausnutzen und ihm sein letztes Geld abnehmen. Ein Hoffnungsschimmer ist die Anstellung als Liftjunge in einem Hotel, die er jedoch schnell wieder verliert. Dadurch gerät er an die exzentrische Sängerin Brunelda, die ihn ausbeutet.
Neue Hoffnung keimt auf, als das „Naturtheater Oklahoma“ neue Mitarbeiter sucht. Leicht bekleidet und reich geschmückt springt er durch die Saalreihen und wirbt unter den Zuschauern. Da ist ein Arzt, eine Erzieherin, schließlich ein Werkzeugmacher. Freudestrahlend: „Jeder ist willkommen. Alle braucht das Naturtheater.“ Er wird zwar angenommen, aber nicht wie erhofft, als Schauspieler. Der Vorhang öffnet sich nun und gibt die Sicht auf eine vernebelte Landschaft frei. Hochmaier zeichnet Kafkas surrealistisch und expressionistische Gedankenwelt, indem Karl in eine infantile Phase zurückverfällt und fröhlich zwischen Bühne und Saal hin und her hüpft, begleitet von frenetischem Beifall. Das Publikum hat es schon längst nicht mehr auf den Sitzen gehalten.