Vor einigen Jahren fand Nicola Tyszkiewicz, eine Enkeltochter Heinz Erhardts, im Nachlass bisher unbekannte Konzertetüden, Tangos, Lieder und Balladen ihres Großvaters. Einige davon waren auch am Sonntagabend zu hören. Jörg Achim Keller hatte diese und alle anderen Lieder des Abends für die Big Band neu arrangiert. Teilweise waren diese Stücke rein instrumental, meistens aber mit Gesang.
Für die gesangliche Interpretation sorgten im Scharoun Theater der Soul-Sänger Stefan Gwildis und Tatort-Kommissar Dietmar Bär, der ein gutes gesangliches Talent bewies. Zu hören waren auch lustige und nachdenkliche Texte, die Annette Frier auf hervorragende Weise vortrug. Jedem Programmpunkt gemein war, dass er nicht aus dem allseits bekannten Kanon stammte. Es war nicht die Made unter des Baumes Rinde, auch trank man keinen Korn, weil man gerade traurig war.
Doch das brauchte es an diesem Abend auch gar nicht. Wohltuend abseits des ohnehin schon Bekannten zeigte „Augen auf und durch“ das große schöpferische Talent Heinz Erhardts. Der hatte nicht zuletzt Ende der 1920er-Jahre Klavier und Komposition am Konservatorium in Leipzig studiert. Was Jörg Achim Keller zum Teil aus Erhardts Klavierkompositionen für Big-Band-Stücke erschaffen hatte, war schon beeindruckend.
Stefan Gwildis gab mit seiner rauen und souligen Stimme dem Gesang den richtigen Klang. Auch Dietmar Bär überzeugte gesanglich auf ganzer Linie, war mit seiner Interpretation etwas dichter daran, wie Heinz Erhardt die Stücke gesungen haben mochte. Annette Frier traf mit ihren Rezitationen den verschmitzten Unterton sehr genau.
Nicht nur die drei sehr prominenten Solisten waren beeindruckend. Die NDR-Bigband war ebenfalls gut bestückt mit Solisten, die mehrfach Gelegenheit bekamen, sich hervorzutun. Überhaupt war der Klangkörper durchweg überzeugend mit einem warmen, angenehmen Ton und einer großen dynamischen Bandbreite.
So applaudierte das Publikum stürmisch am Ende und wurde letztlich doch noch mit einer sehr bekannten Kreation Heinz Erhardts belohnt: Als eine der Zugaben spielten Bär, Frier und Gwildis den berühmten „G-Sketch“, in dem nur Wörter benutzt werden, die mit G beginnen.