„Da der Konsum von Cannabis in der Nähe von Minderjährigen sowie in Fußgängerzonen und auf öffentlichen Sportanlagen gesetzlich verboten ist, schließt dies den Konsum von Cannabis während der Events aus“, sagt Frank Hitzschke, Bereichsleiter Citymanagement der Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG), mit Blick auf die kommenden Veranstaltungen in der Wolfsburger Innenstadt sowie im Allerpark. Aus rechtlichen Gründen sei es der WMG jedoch nicht erlaubt, gesonderte Cannabis-Prüfungen auf öffentlichen Veranstaltungsflächen durchzuführen. Grund dafür sei die freie Zugänglichkeit zu den Veranstaltungen ohne Einlasskontrollen.
Auch die Wolfsburger Polizei beschäftigt die neue Gesetzesfreigabe. „Wir sind aktuell in permanentem Austausch mit der Stadt und der Staatsanwaltschaft, um die rechtlichen Grundlagen bezüglich der Cannabis-Legalisierung zu klären“, berichtet Pressesprecherin Melanie aus dem Bruch. Dies betreffe beispielsweise das Verhalten bei Veranstaltungen sowie Cannabis-Kontrollen. Sie macht jedoch darauf aufmerksam, dass Veranstalter von ihrem Hausrecht Gebrauch machen könnten. Sie hätten demnach die Möglichkeit, den Konsum der Droge auf dem Veranstaltungsgelände zu verbieten.
Erich Schubert, Ortsbürgermeister Wolfsburg Stadtmitte, vermutet, dass es bei den Organisatoren aufgrund der Kurzfristigkeit und Komplexität der Veränderung viele Unsicherheiten geben könne. „Ich würde mir daher wünschen, dass die zuständigen Bereiche in der Stadtverwaltung, wie das Ordnungsamt, zeitnah Gespräche mit den Organisatoren der Veranstaltungen aufnehmen“, betont Schubert.
Eric Dorst, Winzer des Wolfsburger Weinfestes, blickt ängstlich auf die bevorstehende Veranstaltung. „Ich mache mir Gedanken, wie die Droge Cannabis und der Alkohol miteinander reagieren“, gibt er zu. Für dieses Jahr seien keine Auflagen in Bezug auf ein mögliches Cannabis-Konsum-Verbot geplant. Dorst wolle dieses Mal einfach beobachten, was passiere und welche Auswirkungen die Legalisierung auf das Wolfsburger Weinfest habe. Seine Erfahrungen wolle er im Anschluss an die Veranstaltung reflektieren, um daraus entsprechende Schlüsse fürs nächste Jahr ziehen zu können.
Prinzipiell steht er der Gesetzesfreigabe jedoch kritisch gegenüber. „Mit der Legalisierung von Cannabis geht es mir nicht gut, gerade wenn ich an meine beiden Enkel denke, die sieben und zehn Jahre alt sind“, erzählt der Winzer offen. Er geht davon aus, dass infolge der Gesetzesfreigabe viele junge Menschen das Kiffen ausprobieren werden. „Ich habe die Sorge, dass der ein oder andere daran hängen bleibt“, erklärt er, „Bis zum Schluss hatte ich noch gehofft, dass das Gesetz abgewendet wird“, so Dorst.
Beim Wolfsburger Schützenfest stehen Familien an erster Stelle. „Wir werden von unserem Hausrecht Gebrauch machen, um die Kinder zu schützen“, so Veranstalter Stefan Wolters. Zudem sei es schwer, die staatlichen Vorgaben gewährleisten zu können. Dies betreffe vor allem den vorgegebenen Mindestabstand zu Fahrgeschäften, wie dem Kinderkarussell. Aushänge an den großen Fahrschäften sowie Großbanner an den Eingängen sollen auf das Verbot hinweisen – Cannabis taucht dort nun beispielsweise neben dem Verbot von Sprengstoff, Drogen sowie Schusswaffen ebenfalls auf.Mit Cannabis ist Wolters bisher noch nie in Berührung gekommen. „Man muss hier sicherlich zwischen dem Drogen- und dem medizinischen Aspekt unterscheiden“, so Wolters. Problematisch würde es, sobald Cannabis bei Betroffenen zu einer Abhängigkeit führe. Aus medizinischer Sicht könne die Droge unter Umständen hilfreich sein. Er sei jedoch kein Arzt und könne diesen Aspekt daher nur schwer beurteilen. Mit Blick auf das Schützenfest erwartet Wolters jedoch keine großen Herausforderungen. „Wir wollen nicht mit Druck und Drohungen gegen den Cannabis-Konsum vorgehen, sondern an den gesunden Menschenverstand appellieren“, betont er. Es müsse möglich sein, das Fest für zwei, drei Stunden zu besuchen, ohne dabei zu kiffen.
„Es ist, wie es ist, damit müssen wir umgehen“, sagt Stefan Carl, Veranstalter des Vorsfelder Eberfestes. Für das Eberfest würden sich die Verantwortlichen an die Vorschriften halten. Über den Sicherheitsdienst sowie durch Veranstaltungsankündigungen in der Presse wolle man auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen aufmerksam machen. Carl halte es jedoch für schwierig, den vorgeschriebenen Mindestabstand zu Schulen und Kitas zu kontrollieren. „Ich habe generell nichts gegen das Kiffen, bin aber nicht dafür, dass es überall in der Öffentlichkeit erlaubt sein sollte“, findet Carl. Er denke dabei vor allem auch an seine zwölfjährige Tochter.
André-Georg Schlichting, Ortsbürgermeister von Fallersleben und Sülfeld, blickt gelassen auf die kommenden Veranstaltungen. „Insofern sich die Besucher der Veranstaltungen an die Vorgaben aus den Gesetzen, Verordnungen und Regelungen halten und eine gegenseitige Toleranz von Befürwortern und Gegnern vorhanden ist, sehe ich keine wesentlichen Veränderungen beim Ablauf von Festen, wie dem Altstadtfest, Weinfest oder anderen“, ist sich Schlichting sicher. Im Amt des Ortsbürgermeisters verstehe er sich als neutraler Vermittler zwischen den möglichen Interessensgruppen.
„Ich sehe das sehr zwiegespalten: Wir könnten zwar vom Hausrecht Gebrauch machen, aber wie sollten wir das Verbot kontrollieren?“, fragt sich Otto Saucke, Vorsitzender des Vereins „Blickpunkt Fallersleben“, bezüglich des Altstadtfestes in Fallersleben. Schließlich handele es sich dabei um eine offene Veranstaltung ohne Eintritt und Zugangskontrollen.
Er begrüße die Legalisierung, sollte infolge dessen die Kriminalität zurückgehen. Prinzipiell könne er jedoch nur schwer die Gefahren, die von der Droge Cannabis ausgehen, einschätzen. „Wenn es nur nach mir ginge, würde ich locker und entspannt mit der Situation umgehen“, betont Saucke. Sollte jemand über die Stränge schlagen, müsse dieser jedoch das Fest verlassen.