Michael Kühn vom Naturschutzbund (Nabu) Wolfsburg ist sofort hellhörig, als er von der Sichtung erfährt. „Eine spannende Geschichte. Das ist etwas ganz Besonderes“, erklärt er auf Anfrage der WAZ. „Es ist eine Albino-Variante von Rabenkrähen. Sie werden noch von den Eltern groß gezogen. Auf dem einen Foto sieht man, wie der Schnabel aufgesperrt wird.“ Die Jungtiere seien noch dabei, das Fliegen zu lernen.
So eine Verfärbung sei selten, komme aber immer wieder vor. Im vergangenen Jahr sei eine Amsel mit etlichen weißen Federn am Steimker Berg beobachtet worden. Im Jahr davor sei auch eine gänzlich weiße Amsel in Wolfsburg gesichtet worden. So auffällig die Tiere für Menschen sind, so leicht sind sie auch für Fressfeinde zu erkennen. „Meist haben solche Tiere keine guten Überlebenschancen, weil sie extrem auffallen“, erklärt Kühn. Diese könnten dann schnell Beute von Habicht oder Sperber werden. „Man kann nur hoffen, dass die gut durchkommen, vernünftig fliegen lernen und wir noch ein bisschen etwas von den Tieren haben.“
Für Fehlfärbungen bei Vögeln kommen verschiedene genetische Ursachen in Frage. Laut des Online-Lexikons Wikipedia sind beim „Leuzismus“ oft nur Teile des Gefieders ohne Pigmente, der Schnabel und die Augen aber normal gefärbt. Beim Albinismus, einer seltenen Erbkrankheit, sind die Tiere gänzlich weiß, weil der Körper keine dunklen Farbpigmente herstellen kann. Oft haben diese Tiere rote Augen. Bei den erspähten Exemplaren im Allersee ist auffällig, dass auch Schnabel und Iris verfärbt sind.
„Die Besonderheiten am Allersee reißen nicht ab“, meint Kühn, und spielt auf ein weiteres Fotomodell am Allersee an. Dort setzt sich die zutrauliche Elster „Lilly“ gerne auf die Schultern von Spaziergängern. Der Rabenvogel wurde von Menschen aufgezogen und zeigt daher wenig Scheu. „Und jetzt haben wir die Albinos der Rabenkrähen. Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal zum Allersee zu gehen“, sagt der Nabu-Experte.Mal von der Farbe abgesehen: Was ist denn nun der Unterschied zwischen Krähe, Rabe und Rabenkrähe? Gemeint ist mit Krähe oder Rabe in jedem Fall die Familie der Rabenvögel. Auch wenn die Ähnlichkeit groß ist, gibt es kleine Unterschiede: Mit Raben sind meist die sehr großen Kolkraben mit ihren besonders kräftigen Schnäbeln gemeint.
Deutlich kleiner sind die Krähen: Die Rabenkrähen mit ihrem schwarzen Gefieder und dem dunklen Schnabel wie die Vögel am Allersee, die Saatkrähen mit ebenfalls dunklen Federn, aber hellem Schnabel sowie Nebelkrähen mit gräulichen Federn und schwarzen Flügeln. Auch die Elster zählt zu den Rabenvögeln. Auch Dohlen gehören zu dieser Artengruppe, sind aber nochmals kleiner.