Bei der WAZ-Redaktion meldete sich Doris Rehse: „Mir ist aufgefallen, dass schon seit mehreren Wochen oder vielleicht schon Monaten das Glockenspiel am Rathaus nicht mehr spielt. Man hört nur noch die Viertel-, Halb-, und Stundenschläge. Aber es werden keine Lieder mehr gespielt. Was ist da los? Kaputt? Oder fühlten sich die Rathausmitarbeiter gestört? Für uns gehört das Glockenspiel zur Stadtatmosphäre, irgendwas fehlt jetzt.“
Die Nachfrage bei der Stadt Wolfsburg bestätigte die akustischen „Beobachtungen“ der Wolfsburgerin: „Beim Glockenspiel am Rathaus liegt eine technische Störung vor. An der Behebung wird aktuell gearbeitet“, teilte Ralf Schmidt, Pressesprecher der Stadt Wolfsburg, kurz und knapp mit. Seit wann die Störung vorliegt und bis wann mit einer Reparatur zu rechnen ist – dazu teilte das Rathaus keine weiteren Details mit.
Bereits im April 2020 war es am Rathaus ruhig geblieben. Rund zwei Jahre lang mussten die Wolfsburger auf das stündliche Geläut verzichten. Die Uhr und das Glockenspiel wurden damals abmontiert, weil sie bei der Sanierung der Fassade im Weg waren. 8000 Travertin-Platten der Fassade mussten getauscht werden, weil wegen des zu spröden Materials Absturzgefahr bestand. Das gesamte Rathaus musste aufwendig eingerüstet werden.Entworfen wurde das Glockenspiel von Professor Erich Fritz Reuter aus Berlin. Geliefert und montiert wurde es 1957 durch die Firma Eduard Korfhage & Söhne aus Melle. Es umfasst 24 Bronzeglocken mit einem Gewicht von insgesamt 3.000 Kilogramm. Die größte Glocke bringt es auf rund 350 und die kleinste immerhin noch auf acht Kilogramm.Die Auswahl der Melodien erfolgte 1956 im Zuge eines Preisausschreibens unter Beteiligung der Wolfsburger Bürger. Den ersten Preis erhielt damals Louis Kummer, der drei der seinerzeit insgesamt fünf Melodien vorschlug und darüber hinaus umfangreiche Ausführungen zu diesen einreichte. Anfangs wurden die Melodien von einem Lochband durch eine elektro-mechanische Steuerung abgespielt. Elektronik hat das alte System im Jahr 2001 abgelöst. Heute werden die Melodien auf elektronischen Chips gespeichert und sind per Schaltuhr in beliebiger Reihenfolge abrufbar. Seit der letzten Komplettsanierung im Jahr 2012 sind die Lieder elektronisch gespeichert und deren Wiedergabe erfolgt prozessorgesteuert. Gespielt werden unter anderem „Lobet den Herren“ am Morgen, „Freude schöner Götterfunken“ in der Mittagszeit und „Der Mond ist aufgegangen“ am Abend.