Jessica Baumheier sei früher nachts häufiger in der Stadt unterwegs gewesen. Damals fühlte sich die 43-Jährige noch sicher. Doch das Empfinden habe sich verändert: „Die Ereignisse wie am Nordkopf zeigen die zunehmende Gewalt in der Stadt. Das aggressive Verhalten von einigen Menschen macht mir Sorgen. Vor allem wegen meiner Kinder. Meine Tochter ist elf Jahre alt und möchte in einigen Jahren abends alleine unterwegs sein. Da mache ich mir jetzt schon Gedanken“, sagt sie.
Im Bereich des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) kommt es immer wieder zu Gewalttaten. Im Mai 2023 hatte ein Mann aus Salzgitter einen Studenten in der Nähe des Hauptbahnhofs mit einem spitzen Gegenstand verletzt. Im März diesen Jahres soll ein Unbekannter einen 21-Jährigen mit einer Stichwaffe attackiert haben, als dieser schon am Boden lag. Die Polizei reagierte mit verstärkter Präsenz.Laut der Polzei Wolfsburg sind in den vergangenen Monaten aus dem Bereich unterschiedliche Strafanzeigen erstattet worden. Am Nordkopf kam es zu Taschendiebstählen in Geschäften, Körperverletzungen und einer Anzeige wegen sexueller Belästigung. „Viele der angezeigten Körperverletzungen werden von der Bevölkerung wahrgenommen. Allerdings besteht bei diesen Delikten oftmals eine Täter-Opfer-Beziehung. Unbeteiligte sind dabei meist nicht gefährdet“, so Polizeihauptkommissarin Melanie aus dem Bruch.
In Deutschland wurde jüngst verstärkt über Gewaltdelikte diskutiert, unter anderem mit Blick auf Messerangriffe. Laut dem ARD-Deutschlandtrend für Juli hat das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung abgenommen: Nach wie vor fühlt sich eine knappe Mehrheit der Deutschen im öffentlichen Raum entweder sehr sicher (13 Prozent) oder eher sicher (43 Prozent). 40 Prozent hingegen fühlen sich heute eher unsicher oder sogar sehr unsicher. Bei Männern (61 Prozent) ist das Sicherheitsgefühl etwas stärker ausgeprägt als bei Frauen (52 Prozent).Eine Mutter und ihre elfjährige Tochter sagten, dass sie sich unsicher in der Stadt fühlen – auch tagsüber. „Man wird zum Beispiel von fremden Männern angesprochen. Da fühle ich mich unwohl“, sagte die Schülerin. Die 43-jährige Mutter berichtete von einem Vorfall, der ihr persönlich an der Saarstraße passiert ist: „Am hellichten Tag hat mich ein Mann nach meinem Namen gefragt. Solche Situationen sind unangenehm, wenn man alleine ist. Daher bin ich einfach weitergegangen.“
Melanie aus dem Bruch betont, dass in solchen Situationen auf keinen Fall ein Name genannt werden sollte. „Da eigentlich heutzutage jeder Mensch ein Handy bei sich hat, kann man bei Bedrohung auch eine persönliche Nummer anrufen oder gleich die Polizei.“
Eine 17-Jährige aus Lüneburg, die anonym bleiben möchte, besucht momentan ihre Großeltern in Wendschott. Daher konnte sie zum Sicherheitsempfinden in Wolfsburg nicht viel sagen. „In Lüneburg fühle ich mich sicher, allerdings meide ich abends und bei Dunkelheit einige Ecken“, so die junge Frau. Ihre 15-Jährige Freundin kommt aus Helmstedt. Sie erzählte, dass sie manchmal nicht so gerne Bus und Bahn fahre. „Einige Menschen gucken einen komisch an, als wenn sie einen beobachten. Da fühle ich mich dann nicht so sicher“, sagte die Teenagerin, die ihren Namen nicht verraten wollte.
„In unserer Nachbarschaft passieren viele Einbrüche und man hört von Menschen, die in der Nähe des Supermarkts beklaut werden. Da habe ich schon ein schlechtes Gefühl“, so Kerstin Hartmann aus Vorsfelde. Die 48-Jährige meidet den ZOB und berichtete der WAZ, was einer jungen Frau passiert sein soll: „Die Frau wurde von einem Mann angesprochen und dieser ist dann in ihren Bus eingestiegen und mit ihr wieder ausgestiegen. Erst als sie in ein Geschäft gegangen ist, ist er weggegangen. Solche Vorfälle bereiten mir Bauchschmerzen.“Der Polizei Wolfsburg zufolge sind ZOB und Bahnhof Bereiche, die im Sicherheitsbefinden der Bevölkerung aus vielerlei Gründen oftmals negativ wahrgenommen werden. Ein Grund hierfür sei, dass sich dort Personen aufhalten, die Alkohol oder Drogen konsumieren. Außerdem komme es auch mal zu lautstarken Auseinandersetzungen. Diese Wahrnehmung entstehe insbesondere zu späterer Stunde. „Die Polizei nimmt das Empfinden wahr uns ist immer wieder mit Präsenzstreifen und in Zivil sowie auch stationär vor Ort, um das Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger zu stärken“, erklärt Sprecherin Melanie aus dem Bruch. Sie sagt, dass der Bereich des Nordkopfes und ZOB durch die Polizei videoüberwacht wird. Einsatzkräfte könnten also schnell vor Ort sein. Daher betont die Polizistin Melanie aus dem Bruch: „Die Bevölkerung ist im Allgemeinen nicht gefährdet, Wolfsburg ist insgesamt eine sichere Stadt.“