Man habe nach dem Erfolg der ersten Sommernacht vor einem Jahr unbedingt eine zweite Sommernacht organisieren wollen, so Hirschheide. „Es soll ein Fest der Gemeinschaft hier im Schloss Wolfsburg werden“, betonte er. Immerhin sei die Städtische Galerie bereits 50 Jahre alt und hier beheimatet. Außerdem hätten sich andere Kunst- und Kulturinstitutionen hier angesiedelt. Diese Gemeinschaft gelte es zu pflegen und zu feiern.
Auch Marcus Körber, Leiter der Städtischen Galerie Wolfsburg, sagte: „Von unserer Zusammenarbeit hier im Schloss Wolfsburg profitieren alle.“ Künstler würden vom engen Austausch mit anderen Kunstschaffenden profitieren. Außerdem würden mehr Ausstellungen mehr Besucher anlocken. Und genau hier liege auch der Vorteil für die Besucher: Sie könnten gleich mehrere Ausstellungen an einem Ort besuchen.
So eröffneten am Abend des 23. August gleich Ausstellungen parallel: Der Kunstverein Wolfsburg präsentierte eine Werkschau der Künstlerin Franziska Nast, die sich im Rahmen ihrer Schau „How much of you is repetition?“ gleich der tiefsinnigen Frage nach dem echten, wahren Leben widmete. Sie empfing die Besucher mit einer Soundperformance, in der sie bewusst eintönige Rap-Rhythmen für eine spontane Party laufen ließ. Dazu schlüpfte sie ebenso in eine Verkleidung wie ihr DJ Knarf Rellöm.
Hinter der schrillen Show stand natürlich die Frage: Was ist echt? Und was ist das Wiederholen von Dingen, die andere längst getan haben? Verkleidungen stehen oft für Figuren oder Szenen, die es bereits gibt oder gab. Ist es authentisch, sie zu tragen und damit auf etwas zurückzugreifen, das es bereits gibt oder gab? Wie die Beats, die ewiggleich aus den Boxen wummerten. Interessant auch eine riesige verfremdete Porträtsammlung: Alle Bilder basieren auf demselben Gesicht eines jungen Mannes, das 32-mal verändert wurde. Wer oder was ist echt und authentisch? Nicht umsonst ist auf einem früheren Werk von Franziska Nast die Frage zu lesen: Habe ich mein Leben nur geträumt?
Interessant ist auch die Ausstellung „Wasser“ der Städtischen Galerie: Das Team hat Werke seiner eigenen Kunstsammlung zusammengetragen, die sich alle mit Wasser und seinen Auswirkungen befassen. „Wasser ist Leben“, betonte Marcus Körber in der Einführung. Aber es könne auch Tod bringen – etwa als Flut. Ist es flüssig, steht es als Symbol für Leben – ist es zu Eis geworden, erstarrt auch das Leben. Der Städtischen Galerie sei es wichtig gewesen, so Körber, ein Panoptikum zu schaffen, „das uns überraschende Perspektiven eröffnet, bisweilen irritiert, erstaunt oder einfach nur tief berührt“.
„Ich möchte, dass Kunst mir etwas zeigt, auf das ich alleine nicht gekommen wäre“, sagte ein Besucher – und fand genau diese Überraschung in Keramikarbeiten, die wellenförmig Wasser darstellten. Beeindruckend ist auch das Bild „Meer“ von Gerhard Richter, das zwei unterschiedliche Wahrnehmungen von Meer in sich vereint. Für Wolfsburger dürfte „Das Geschenk“ von Lucie Mercadal interessant sein – sie lädt zu einem neuen Blick auf den Springturm im VW-Bad ein. Auch sehenswert: die Ausstellung „blank spaces in embodied tales“ von Nora Lube aus Meinersen beim Verein Junge Kunst. Sie zeigt Videoarbeiten, Bildhauerei, Malerei und Handwerk. Dabei schimmert ihre berufliche Herkunft als Schneiderin und Designerin immer wieder durch.
Doch auf dem Wochenend-Programm standen noch weitere Attraktionen: So gab es ein Kunstgespräch mit der ausstellenden Künstlerin Nora Lube. Sie erklärte dabei in den Räumen der Jungen Kunst ihre Arbeiten und ihre Vorstellung von Kunst. Die Arbeitsgemeinschaft kreative Drucktechniken lud in die Druckwerkstatt der Städtischen Galerie ein, zudem gab es ein Konzert zum Verweilen und Zuhören: Der Pianist Jacob Salvatori bot Werke des Komponisten Nino Rota dar.
Das Highlight für viele Besucher dürfte am Sonntag der Familientag im Schlossgarten gewesen sein: Hier gab es kurze Familienführungen und viele Spiele. Der Schlosspark glich einer großen Spielelandschaft. Außerdem waren die Ateliers der Städtischen Galerie geöffnet und der Eintritt in allen Einrichtungen war frei. Zudem gab es eine Matinee im Institut Heidersberger – dort sind großformatige Fotos von Heinrich Heidersberger zu sehen. Berühmt wurde er mit seinen Aufnahmen rund um das Wolfsburger Volkswagen-Werk, die den hektischen Arbeitsalltag der Beschäftigten ebenso festhielten wie die stille Schönheit mancher Gebäude und Brücken.