Auf der Wiese, die sich östlich der Landesstraße 290 zwischen Almke und Hehlingen befindet, standen fünf Schafe. Drei wurden bei der Attacke am Donnerstag getötet, eines verletzt. Nur ein Schaf kam mit dem Schrecken davon. „Ein Schaf hatte sich in den Teich gerettet, dort wurde es vom Besitzer herausgeholt“, berichtet Jagdpächter Michael Hengstmann, der angerufen wurde und sich vor Ort ein Bild von der Lage gemacht hatte. „Das ist ein sehr schönes, eigentlich idyllische Gelände, das von einem Maschendraht-Zaun umschlossen ist.“ Der Zaun habe laut Hengstmann eine Höhe von 1,35 Metern. Vorgeschrieben sind eigentlich nur 1,20 Meter. Strom habe der Zaun aber nicht geführt. So wird der Besitzer der Schafe, der anonym bleiben wollte, wohl keine Entschädigung vom Land Niedersachsen bekommen.
Ein Schaf sei nahezu aufgefressen worden, die anderen beiden lagen tot auf der Wiese. Das in solchen Fällen übliche Prozedere wurde eingeleitet. Der Bezirksförster nahm die toten Schafe in Augenschein und die Landwirtschaftskammer Hannover dokumentierte die Risse und nahm DNA Proben. Bis diese ausgewertet sind, können einige Wochen vergehen. Inzwischen lässt sich aber nicht mehr leugnen, dass sich mehrere Wölfe in Wolfsburg aufhalten. In der Nähe der ersten Rissstelle hatte eine Wildkamera kurz darauf in einem Waldstück Fotos von drei jungen Wölfen gemacht, über diese Fotos ist inzwischen ein C1-Nachweis erfolgt. Das bedeutet, dass sich mindestens fünf Wölfe, drei Jungtiere und ihre Eltern, derzeit in der Nähe von Neindorf aufhalten. Auf der Internetseite wolfsmonitoring.de ist der C1 Nachweis dokumentiert. Und: Die Proben des ersten Risses im Juli bei dem sieben Schafe starben, seien bereits ausgewertet und Wölfen zugeordnet worden. Hengstmann habe das Ergebnis der Untersuchungen vom Halter der Schafe übermittelt bekommen.
Zum aktuellen Fall sagt Jagdpächter Hengstmann: „Anhand des Kehlbisses kann man davon ausgehen, dass es ein Wolf gewesen ist.“ Auch Ralph Schräder, Vorsitzender der Jägerschaft Wolfsburg, geht von Wölfen aus. „Sämtliche Risse, die wir in der Region hatten, wurden vor Ort schon als Wolfsriss bestätigt.“ Schräder fügt hinzu: „Wölfe sind Profis, sie töten die Tiere mit einem gezielten Kehlbiss, so etwas macht kein Hund.“ Die DNA-Analyse diene also nicht nur dazu, den Wolf als „Täter“ zu identifizieren, sondern auch um herauszufinden, ob bereits Daten dazu vorhanden sind.
Die Halter von Nutztieren sind nach den jüngsten Vorfällen alarmiert. Rund um Neindorf gibt es sowohl Weiden, auf denen Pferde stehen, als auch einen weiteren Halter von Schafen. „Der hat die Schafe jetzt schon in der Nähe des Hauses“, so Hengstmann. Er rät allen Tierhaltern, ihre Zäune zu verstärken und Strom durchlaufen zu lassen. „Viele Hobbytierhalter haben natürlich Angst. Es ist leidig, die toten Tiere zu sehen und sehr schade ist es natürlich auch.“ Nachts sollten daher nach Möglichkeit keine Schafe mehr in der Feldmark stehen, das sei zu gefährlich.
Die Rufe nach einem Wolfsberater werden aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen immer lauter. Bei einer Zusammenkunft mit der Stadt Wolfsburg, der Jägerschaft und Naturschutzverbänden kam das Thema am vergangenen Dienstag zur Sprache.
Von der Jägerschaft wurde ein möglicher neuer Wolfsberater vorgeschlagen. „Wir haben einen kompetenten Kandidaten, der sich inzwischen bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beworben hat“, berichtet Jägerschafts-Vorsitzender Schräder. Bevor dieser dann seine Arbeit aufnehme, muss das Ministerium den neuen Wolfsberater noch einsetzen.
Schräder kündigte zudem eine Kooperation von Nabu und Jägerschaft an. „Betroffene Tierhalter sollen zum Beispiel schnell einen Ersatz- oder Notzaun bekommen und sich beraten lassen können.“ Bei Bedarf stelle das Land auch Notzäune zur Verfügung. Diese müssten sich dann die Betroffenen abholen und selbst aufbauen. Kein leichtes Unterfangen, da will die Kooperation eingreifen und sowohl beim Abholen als auch Aufbau helfen. „Allein kann man sich nicht mal eben einen Zaun aus Lüneburg abholen. Mir liegt sehr daran, dass die Hobbytierhalter weiter machen können, wenn sie aufhören würden, wäre das traurig“, sagt Schräder.