Neben einer Stärkung des Verfassungsschutzes pocht die Gewerkschaft auf eine Digitalisierungs-Offensive mithilfe künstlicher Intelligenz und mehr IT-Experten: „Die Polizei erstickt in Datenmengen“, heißt es. Die Polizeibehörden bräuchten außerdem höhere Zuschüsse für Einsatzmittel wie Elektroschocker. Der Schlagstock sei zur Abwehr von Angriffen mit Messern unbrauchbar, erklärt Scherbinski. „Das nächsthöhere Mittel ist schon die Schusswaffe.“ Der Taser solle die Lücke füllen und Angreifer ohne schwerwiegende Verletzungen außer Gefecht setzen.
Zudem fordert die Gewerkschaft, marode Gebäude zu modernisieren.
Am schlimmsten steht es um das Polizeigebäude in Peine, welches in Kürze saniert werden soll. Die Ordnungshüter sind in ein Ersatzgebäude im Unternehmenspark umgezogen. „Dieses entspricht allen Sicherheitsstandards. Mit der aktuellen Situation sind die Kollegen zufrieden“, sagt Sebastian Scherbinski. Auch in Gifhorn habe sich etwas getan, dort sei das Gebäude für den Streifendienst komplett saniert worden. „Viel dramatischer sieht es in Wolfsburg aus“, sagt der Polizist.„Mittlerweile musste ein kompletter Aufenthaltsraum des Einsatz- und Streifendienstes geräumt werden – weil es dort einen Befall mit Mäusen und Kakerlaken gab“, so Scherbinski. Die Polizeidirektion in Braunschweig bestätigt einen „Schädlingsbefall“ im August und September dieses Jahres, woraufhin eine professionelle Schädlingsbekämpfung durchgeführt worden sei. „Langfristig kann das nur durch bauliche Maßnahmen behoben werden“, fordert Scherbinski. Einer groben Kostenschätzung des niedersächsischen Finanzministeriums zufolge liegt der dringliche Sanierungsbedarf in der Polizeiinspektion Wolfsburg-Helmstedt bei rund 435.000 Euro. Zunächst steht der Umbau der Wache am Eingang an. Der Wartebereich soll aus Sicherheitsgründen vom Rest des Gebäudes abgetrennt werden.
Auch die Polizeidirektion Braunschweig sieht für das Dienstgebäude in Wolfsburg Sanierungsbedarf, ebenso beim Kommissariat Wittingen im Bereich der Polizeiinspektion Gifhorn. „In der Polizeidirektion Braunschweig gibt es jedoch Liegenschaften mit zumindest höherem Finanzbedarf für Sanierungen“, teilte Sprecherin Aleksandra Rudnik mit. Ganz oben auf der Liste steht nach dem „Worst-first-Prinzip“ das Kommissariat in Peine. Baufällige Fenster – eines fiel sogar auf den Schreibtisch einer Polizistin –, verstopfte Abwasserrohre und ein nicht nutzbarer Schießstand sind nur einige Probleme. Das Land will das Gebäude mit 16 Millionen Euro aus einem Sondervermögen ab 2025 grundsanieren lassen. „Die Sanierungsmaßnahmen werden voraussichtlich bis zum Jahresende 2027 andauern“, sagt Rudnik.Zur Forderung der Gewerkschaft nach mehr IT-Personal heißt es aus der Polizeidirektion in Braunschweig: „Ein unmittelbarer Bedarf ist derzeit nicht vorhanden“, so Sprecherin Rudnik. Aber: „Aufgrund der Entwicklungen insbesondere im Bereich der Cyberkriminalität ist ein zukünftiger Mehrbedarf nicht auszuschließen.“ Was die Ausrüstung anbelange, werde das Portfolio „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“ kontinuierlich verbessert. „Derzeit sind die Polizeikräfte der Polizeidirektion Braunschweig sowie der nachgeordneten Polizeiinspektionen mit den notwendigen Einsatz- und Führungsmitteln ausgestattet“, erklärt Rudnik.
Viele Polizeigebäude im Land sind baufällig. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hatte im Sommer eingeräumt, dass in der Vergangenheit zu wenig in die Gebäudesubstanz investiert worden sei. Die Kosten für die erforderlichen Sanierungen lagen laut des Finanzministeriums in Hannover Ende 2023 bei rund 353 Millionen Euro. Nun soll der Sanierungsstau schrittweise abgebaut werden. Im Haushalt für 2024 hat die Landesregierung 80 Millionen Euro für alle landeseigenen Gebäude veranschlagt. Hinzu kommen die 16 Millionen Euro aus dem Sondervermögen für das Polizeikommissariat in Peine. Im Haushaltsentwurf für 2025 ist eine Erhöhung des Budgets auf 120 Millionen Euro vorgesehen.