Schwimmlehrer Günter Schütte von der Flüchtlingshilfe ist in seinem Element. „Ab unter die Dusche und dann rein ins Wasser“, sagt er zu den kleinen Kursteilnehmern, bevor sie ins 29 Grad warme Wasser dürfen. Seit zehn Jahren veranstaltet der pensionierte Lehrer für Kinder mit Fluchterfahrung Schwimmkurse. Über 1000 Kinder habe er schon ausgebildet. „Schwimmen ist eine Lebensversicherung“, sagt Schütte.
Der 73-Jährige hat sechs Trainer, die ihn in seinen Kursen unterstützen. „Ich bin persönlich stolz darauf, dass 75 Prozent der Trainer, bei uns schwimmen gelernt haben und soviel Spaß dabei hatten, dass sie ihr Wissen an andere weitergeben wollten.“ Maryam Shameaee und Hamid Tavakoli sind zwei von ihnen, sie stammen beide aus dem Iran und sind inzwischen im TV Jahn und VfB Fallersleben als Schwimmtrainer tätig.
Auch die 11-jährige Sophia aus der Ukraine gehört zum Team. „Sie hat bei mir schwimmen gelernt und hat danach zu mir gesagt: ‚Günter ich will dir helfen‘“, erzählt Schütte. Rund 20 Kinder im Wasser im Auge zu behalten und individuell auf die verschiedenen Leistungsniveaus eingehen zu können, da kommt jede Hilfe recht. Eine der Teilnehmerinnen ist die achtjährige Melissa aus der Ukraine. „Wir mussten 2022 flüchten, meine Tochter konnte noch nicht schwimmen als wir nach Deutschland gekommen sind“, erzählt ihre Mutter Katayna Syniakika. Sie sei froh über das Kursangebot, erzählt sie. Am Ende des 10-stündigen Intensivkurses sollen möglichst viele Kinder das Schwimmabzeichen bekommen.
Die Teilnehmer des Schwimmkurses üben im Lehrschwimmbecken unter anderem die Brustgrätsche in Rückenlage. Da steht die Beinarbeit im Mittelpunkt. Beim Armzug achten die Trainer darauf, dass die Kinder ihre Finger geschlossen halten und beim Ausatmen die Arme ausstrecken. Am Beckenrand steht an diesem Tag auch Frank Röhrdanz, er ist der Geschäftsführer des gemeinnützigen Unternehmens „Schenke ein Lächeln“. In Zusammenarbeit mit der Flüchtlingshilfe Wolfsburg hat diese private Initiative den Schwimmkurs finanziert.
„Wir unterstützen hilfsbedürftige und benachteiligte Kinder. Unser Anliegen ist es, Kinder aus ihrem Alltag herauszuholen, besonders auch dann, wenn sie in der Vergangenheit traumatische Erfahrungen hatten“, sagt Röhrdanz. Die Initiative organisiert und finanziert daher unterschiedliche Angebote. Vom Ausflug in den Freizeitpark bis zu einem Schwimmkurs oder Selbstverteidigungskurs. Ziel sei es dabei, die Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen über Bildungsprojekte und Freizeitprojekte zu erhöhen. „Jeder muss die Chance bekommen, schwimmen zu lernen! Dafür setzen wir uns ein und helfen immer wieder gern“, sagt Röhrdanz.
Bei dem Kurs im Hallenbad gehe es nicht nur darum, das Schwimmen zu lernen. Der psychologische Aspekt, etwas geschafft zu haben, sei auch wichtig. „Das gibt den Kindern auch Mut und Zuversicht“, so Röhrdanz. „Gerade bei Kindern, die bei ihrer Flucht über das Meer schlechte Erfahrungen mit Wasser gemacht haben“, ergänzt Ingrid Leitner von der Flüchtlingshilfe Wolfsburg. Manche Kinder seien so traumatisiert, dass es Stunden brauche, bis sie überhaupt einen Schritt in das Becken machten.
Leitner verweist darauf, dass an den Schwimmkursen nicht nur geflüchtete Kinder teilnehmen. Nach der Corona-Pandemie sei das Zugangsalter von sechs auf acht Jahre erhöht worden. „Weil die Achtjährigen die Schwimmkurse dringend für die Schule benötigen und während Corona keine Gelegenheit hatten schwimmen zu lernen.“ Inzwischen sei diese Altersgruppe aber gut versorgt, so dass künftig das Zugangsalter wieder herabgesetzt werden könne.
Über den Schwimmunterricht berichtete auch ein TV-Team des Senders SAT1. Die Sendung war auf SAT1 Regional Niedersachsen zu sehen. Und schon öfter hatten TV Teams den Weg nach Sandkamp gefunden. Auch der Privatsender RTL hatte beispielsweise bereits berichtet.