Die Lieferanten bestünden laut Insolvenzverwalter Bauch aufgrund von offenen Forderungen auf Vorkasse. Bei den Mitarbeitenden, fünf Festangestellte und 15 Aushilfen, gebe es Lohnrückstände, sodass auch der finanzielle Spielraum durch das Insolvenzgeld nicht für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung stehe. „Die finanziellen Reserven des Betriebs sind in Hoffnung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation komplett aufgebraucht worden“, sagt Bauch. Grundsätzlich sei aber der Einstieg eines Investors und die Übernahme des Lindenhof Nordsteimke immer noch möglich.
Aufgrund der komplexen wirtschaftlichen und rechtlichen Situation werde es dafür einige Zeit und einen Neustart des Geschäftsbetriebs benötigen. Die Aufgabe der Insolvenzverwaltung sei es auch, die Rechte der Gläubiger zu schützen, ihre Verluste so gering wie möglich zu halten und die Insolvenzmasse zu sichern, aus der die Forderungen der Gläubiger befriedigt werden. Die Verluste werden durch das kontrollierte Herunterfahren des Geschäftsbetriebs zunächst reduziert. „Ich werde dem Gericht vorschlagen, das Insolvenzverfahren zeitnah zu eröffnen. Spätestens dann wird den rund 20 Mitarbeitenden gekündigt werden müssen“, sagt Rüdiger Bauch.
Der Lindenhof blickt als Familienbetrieb auf eine fast 100-jährige Geschichte zurück. Die derzeitige Geschäftsführerin ist Melanie Perricone, die den Betrieb zusammen mit ihrem Bruder Björn Pessel führt. Telefonisch war der Lindenhof nicht für die Redaktion erreichbar. Auf der Homepage teilt der Betrieb mit: „Liebe Gäste, Kunden und Freunde des Lindenhof, leider musste für die Lindenhof Nordsteimke GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Wir werden nun von einem Insolvenzverwalter geführt. Auch für uns ist es eine ungewisse Situation. Sobald wir neue Informationen haben, auch bezüglich Ihrer Reservierungen, werden wir uns erneut melden. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Wie der Insolvenzverwalter mitteilte, hätten sich die Mitarbeitenden bereit erklärt, bis Ende Oktober weiterzuarbeiten, sodass bis dahin alle Gäste betreut werden können.
Philipp Kasten, Ortsbürgermeister von Nordsteimke und Barnstorf, zeigt sich betroffen: „Die Kneipe ist einfach eine Institution, wo sich alle treffen. Auf dem Vorplatz wird das Maibaumfest im Frühling veranstaltet, und im Winter läuft dort der Adventsmarkt.“ Die Bedeutung des Lindenhofes für den Ort sei groß. „Es gibt hier kaum noch Gaststätten in der Gegend, auch nicht im Nachbardorf. Wir können nur hoffen, dass das Schlimmste nicht eintritt. Für Nordsteimke wäre es eine Katastrophe, wenn der Lindenhof schließen müsste“, sagt der Ortsbürgermeister.
Seit April 2019 zeichnete das Lindenhof-Team auch für das Restaurant „Wildfrisch – Gutsküche“ auf dem Rittergut des Grafen von der Schulenburg in Nordsteimke verantwortlich. Das hat sich in diesem Herbst geändert. Denn das „Wildfrisch“ wurde zum 1. Oktober vom Hotel- und Restaurantbetreiber MCH aus Berlin übernommen. „Das hat aber nichts mit der Insolvenz zu tun“, teilte Rittergut-Inhaber Günther Graf von der Schulenburg auf Anfrage mit. Es habe einen Aufhebungsvertrag mit dem Lindenhof gegeben. „Das geschah in beiderseitigem Einvernehmen“, berichtete der Graf von der Schulenburg. MCH betreibt auf dem Rittergut bereits das Hotel „mein.wolfsburg“.
Deutschlandweit beklagt das Hotel- und Gastrogewerbe massive Umsatzeinbußen und Gewinnrückgänge. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hervor. Laut dieser setzten die Hoteliers und Gastronomen im ersten Halbjahr 10,9 Prozent weniger um als im Vorjahreszeitraum. Die Gewinne gingen ebenfalls zurück.
Von Januar bis Juni beträgt laut Gaststättenverband das Minus 22,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023. Auch im Juni lagen die nominalen Umsatzverluste bei 11,1 Prozent. Neben der Anhebung der Mehrwertsteuer für Speisen (71,4 Prozent) gehören die steigenden Personalkosten (79,6 Prozent), die sinkenden Gewinne (72,9 Prozent), die höheren Kosten bei Lebensmitteln und Getränken (72 Prozent) und die zunehmende Bürokratie (66,6 Prozent) zu den größten Herausforderungen, heißt es in der Umfrage, an der 2.730 Gastronomen aus ganz Deutschland teilnahmen.