Aktuell müssen sich die Angeklagten am Landgericht Braunschweig rechtfertigen – wobei die Verhandlung in Räumen des Amtsgerichts Braunschweig stattfindet, weil es derzeit beim Landgericht Kapazitätsengpässe gibt.
Diebstahl im ganz großen Stil: Die sechs Männer – zwei Unternehmer, zwei Lkw-Fahrer sowie zwei weitere Männer – sollen aus dem VW-Logistikzentrum in Harvesse in der Gemeinde Wendeburg Autoteile entwendet haben.
„Laut Ersatzteilpreisliste von VW beträgt der Schaden rund zwei Millionen Euro“, sagte Lisa Rust, Pressesprecherin des Landgerichts, zur aktuell im Raum stehenden Schadenshöhe. Zum Prozessauftakt gaben die sechs Angeklagten die Vorwürfe zu. Am zweiten Prozesstag wurden dann die ersten Zeugen vernommen.
Die Masche der Täter war ausgeklügelt: Laut Anklage sollen die beiden Unternehmer (42 und 43 Jahre alt) mit zwei LkwFahrern (48 und 55 Jahre alt) verabredet haben, die Fahrzeugteile in großer Zahl aus dem Logistikzentrum zu entwenden und dann gewinnbringend an Abnehmer im Ausland zu verkaufen. Später seien noch ein 39-Jähriger sowie ein 48-Jähriger zur Bande gestoßen. Insgesamt sollen die Männer laut Anklage von 2019 bis 2020 zwölfmal zugeschlagen haben.
Die Angeklagten hätten im Vorfeld geklärt, welche Komponenten von den Abnehmern gebraucht würden, dann hätte es einen Abgleich mit den am Logistikzentrum vorhandenen Produkten gegeben. Mit einem Bestellzettel hätte ein Mitarbeiter des Logistikzentrums dann die Artikel bereitgestellt. Gemeinsam mit ordnungsgemäß verladener Ware sei das Diebesgut dann auf Lkw verladen worden, die von den beiden angeklagten Fahrern gesteuert wurden.
Auf einem nahegelegenen Parkplatz sei die Ware umgeladen und schließlich nach Osteuropa abgesetzt worden. Damit der nicht planmäßig vorgesehene Halt auf dem Parkplatz nichtauffiel, sollen die Angeklagten das GPS-Signal der Lastwagen gestört haben.
Mitglieder einer kriminellen Organisation seien die Angeklagten nach eigener Darstellung nicht. Sie gaben an, einfach die Gelegenheit genutzt zu haben, die sich ihnen im erst 2015 eröffneten Logistikzentrum geboten habe. Das Großlager ist mehr als 50.000 Quadratmeter groß, täglich werden zahlreiche Lastwagen und sogar Güterzüge abgefertigt. Die Ermittler waren den Angeklagten nach Meldungen über fehlende Teile im Logistikzentrum schnell auf die Spur gekommen.
Neun Verhandlungstage sind für den Prozess insgesamt angesetzt. Der letzte Verhandlungstag ist der 20. Dezember, dann soll auch das Urteil fallen - wenn der Prozess nicht vorher endet. Denn aufgrund der Geständnisse der Angeklagten könnte es schneller gehen, beispielsweise durch den Verzicht auf eine umfangreiche Beweisaufnahme. Sollten die Angeklagten für schuldig befunden werden, drohen ihnen Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren – je nach Schwere der individuell festgestellten Schuld. Eine Bewährungsstrafe wäre nur dann möglich, wenn das Strafmaß für den jeweiligen Verurteilten unter zwei Jahren Freiheitsstrafe liegt.