Nach der Aufnahme bleiben die potenziellen Spender bis zum 61. Lebensjahr in der Spenderdatei. Anschließend fallen sie altersbedingt raus. „Der Spenderschutz muss immer gewährleistet sein. Wir können nicht auf der einen Seite ein Wohl lindern und an einer anderen Stelle eines aufmachen“, sagt Neumann-Wollenhaupt.
Auch die DKMS bestätigt dieses Vorgehen. Wissenschaftliche Auswertungen hätten gezeigt, dass die Erfolgschancen einer Stammzelltransplantation mit zunehmendem Alter der Spender sinken würden, da die Blutstammzellen auf Empfängerseite nach der Transplantation ihre Funktion deutlich langsamer und weniger erfolgreich aufnehmen. „Daher haben sich Transplantationsgesellschaften verschiedener Länder in gemeinsamen medizinischen Richtlinien auf die Altersobergrenze von 61 Jahren geeinigt“, sagt Antonia Lukas, DKMS-Aktionsbetreuerin. Es gebe dennoch Fälle, in denen auch in höherem Alter Stammzellen gespendet werden können, zum Beispiel für Familienangehörige. Dann sei den Spendern aber auch klar, für wen sie explizit spenden. „Trotzdem würde die Situation überprüft werden, ob nicht auch jemand außerhalb der Altersspanne spenden kann“, erklärt die Vereinsvorsitzende.
Die Suche nach einem potenziellen Stammzellenspender für die 29-jährige Jihan gestaltet sich derzeit schwierig. Sie benötigt einen „genetischen Zwilling“. Bei einer Stammzellenspende spielt das Gewebeverträglichkeitssystem eine wichtige Rolle. Spender und Empfänger müssen kompatibel sein. Es gibt häufig und selten vorkommende Gewebemerkmale. Weist eine Person die gleichen Merkmale auf, handelt es sich um einen geeigneten Stammzellenspender. „Es gibt Patienten in Deutschland, die haben acht bis zehn mögliche Spender, und für andere gibt es lange Zeit niemanden“, sagt NeumannWollenhaupt. Ein großes Problem für todkranke Patienten wie Jihan ist, dass derzeit hunderttausende potenzielle Spender aus der Datei fallen. Die Generation der sogenannten „Baby-Boomer“, die zwischen Ende der 1950er-Jahre und Mitte der 1960er-Jahre geboren wurden, stehen altersbedingt nicht mehr zur Verfügung. „2023 sind rund 125.000 Spenderinnen und Spender aus der Datei der DKMS in Deutschland aus Altersgründen ausgeschieden“, sagt Lukas. Nach Angaben der DKMS sind knapp 7,6 Millionen Spender in Deutschland registriert.
Bisher wurden drei Typisierungsaktionen von „Wolfsburg hilft“ auf der Suche nach einem potenziellen Spender für Jihan organisiert. Zuletzt wurden mehr als 100 Menschen bei Volkswagen in die Datei aufgenommen, wo Mohamad, der Ehemann der Wolfsburgerin, arbeitet. Doch auch finanziell kann die Aktion unterstützt werden. „Jede Typisierung kostet 35 Euro“, sagt Neumann-Wollenhaupt. Unter dem Kennwort: „Hilfe für Jihan“ kann auf das Spendenkonto „Wolfsburg hilft e. V.“ bei der Volksbank BraWo eingezahlt werden. „Während des Wolfsburger Herbstmarktes werden wir ebenfalls um finanzielle Unterstützung für Jihan bitten“, sagt die Vorsitzende von „Wolfsburg hilft“. Ein weiteres Typisierungsangebot gibt es am 22. und 23. November beim Weihnachtsbasar in der Zeit zwischen 7.30 und 9.30 Uhr.
Bei Bedarf können die benötigten Test-Kits auch unabhängig von den Aktionen aushändigt werden, so Neumann-Wollenhaupt. Bei dem Test werden insgesamt drei Watteträger an den Wangeninnenseiten abgestreift, um genügend Material für den Test zu sammeln. Die Ergebnisse werden vom Norddeutschen Stammzellspenderregister anonym an die zentrale Datenbank weitergegeben.