Begleitet von einer hochdramatischen Lichter-Show, lauter Rock-Musik und gleichzeitig dem Gesang eines Muezzin betrat der selbsternannte Erlöser die Bühne und begrüßte sein Publikum: „Was habe ich Wolfsburg doch vermisst“, betonte Schröder, und: „Wolfsburg ist das Monaco der Bundesrepublik, wo man reich ist, es aber nicht zeigt. Wolfsburg ist die Königin unter den deutschen Großstädten, die sogar mal die Bundesliga gewinnt.“
Atze Schröder war jedoch noch nicht fertig mit seiner Riege an Komplimenten: „Dieses Premium-Publikum hier in Wolfsburg ist nicht nur schön, sondern auch intellektuell so weit auf der Höhe, dass es meinem Programm folgen kann – anders als in Augsburg, wo ich letzte Woche war: Was habe ich mir dort gewünscht, ich wäre schon in Wolfsburg.“ Bei dieser überschwänglichen Begrüßung sprang der Funke über, und das Publikum begleitete Schröders launiges Programm mit beinahe durchgängigem Gelächter.
„In diesen schwierigen Zeiten, wo alle verunsichert sind, wie es weitergeht, wünschen wir uns doch alle einen Erlöser“, erklärte Schröder den Titel seines Programms. „Und seien wir doch mal ehrlich – wer könnte das sein, wenn nicht ich?“ Doch ging es im rasanten Programm des Comedians kaum um religiöse Themen – im Gegenteil: Atzes Gags rutschten vielmehr und häufig unter die Gürtellinie. Jedenfalls wusste man nach der Show, was für ein Gerät der „Womanizer“ ist, und dass ein Swinger-Portal namens „Joy Club“ im Internet angeblich rund sieben Millionen Mitglieder hat.
„Kinder sind unsere Zukunft, unser biologischer Auftrag, unsere Erlösung“, betonte Schröder und berichtete vom Kindergeburtstag seines Neffen Philipp: „Zu meiner Zeit war Sackhüpfen eine Sache von zwei Minuten: Säcke an, alle sind losgehüpft, einer hat gewonnen. Heute kontrollieren die Mütter erstmal, ob die Säcke auch aus Bio-Jute und antiallergen sind.“ Von zwölf Kindern kamen beim Sackhüpfen überhaupt nur fünf im Ziel an: „Und mindestens eine von den Ökoliesel-Müttern ruft dann mit Sicherheit, dass alle Kinder Sieger sind“, so der Comedian. Heutzutage könnten alle Sechsjährigen eine Fritzbox installieren oder ein Video für Tiktok schneiden, aber sich die Schuhe selber zubinden, Essen klein schneiden oder aus einem steh-tiefen Pool einen Gummiring herausholen, das könnten sie nicht.
Atze arbeitete sich an beliebten Themen ab, die ihm schon immer viel Applaus garantierten: Alte, „polarweiße“ und völlig nackte Männer, die tagein, tagaus in der Herren-Sammelumkleide von Hallenbädern herumstehen. Jugendliche, die als „Twitcher“ Millionen verdienen. Ärzte, die dem Patienten nicht zuhören. Motorradfahrende Rentner, die sich zu „Harley-Days“ treffen. Die Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn. Oder Musical-Shows, zu denen man mit einer Fähre fahren muss. Und natürlich die Vorzüge eines Thermomix.
Der Wohnwagen, den er sich nach „30 Jahren immer nur Beiseitelegen“ kürzlich gegönnt hatte, der gebrauchte „Taj Mahal zum Ziehen“, fand ebenfalls den Weg in sein Programm: Nachdem Atzes „Perle“ bei der Erstbesichtigung des neuen Wohnwagens festgestellt hatte, dass statt Camping-Klo nur ein Eimer für die Notdurft vorgesehen war, entschied sie sich, ihren Platz an Atzes Seite seinem besten Freund, dem „dicken Jürgen“, zu überlassen und das Wochenende stattdessen allein auf Norderney zu verbringen. Nachdem die beiden Männer also bei der Jungfernfahrt mit neuen Wohnwagen aus dem „Campingplatz Moselblick“ herausgeflogen waren, verbrachten sie eine „tolle romantische Nacht“ auf der Autobahnraststätte Schwerte, gemeinsam mit vielen polnischen Fernfahrern und einer umgedrehten Lkw-Radkappe als Feuerstelle.
Weiter ging es im rasanten Programm mit der Text-Sezierung von einigen deutschen Schlagern: „Privat ist er ein super Typ, aber textlich ist Roland Kaiser wirklich die größte Pottsau von allen“, behauptete Schröder und zitierte zum Beweis einige fragwürdige Textstellen aus den Hits „Joana“ und „Warum hast du nicht nein gesagt“. Auch der Song „Nein heißt ja, wenn man lächelt so wie du“ von Gigi Anderson bekam sein Fett weg. Sein gesangliches Talent stellte Atze Schröder mit seinen Interpretationen von Rammstein-Songs im Schlager-Stil und umgekehrt sowie einigen Herbert Grönemeyer- und HipHop-Songs unter Beweis.
Den rund 1.700 Zuschauerinnen und Zuschauern gefiel das launige - wie gewohnt leicht prollige - Programm des Entertainers: Immer mal wieder gab es Zwischenapplaus, viel Gelächter und zum Schluss sogar Standing Ovations. Am Ende versprach der Comedian im „Ja nee, is klar!“-Tshirt etwas pathetisch: „Was immer auch passiert, wenn uns die sieben Plagen heimsuchen und es Kröten regnet, auf eines könnt ihr euch verlassen: In 20 Jahren werde ich immer noch hier stehen und euch Erlösung von dem Übel bieten. Ein Freund bleibt euch für immer.“