Die Formulierung in einer Mail der Schule, Tischtennisschläger und Bälle wären ein „geeignetes Weihnachtsgeschenk“, kam bei dem Wolfsburger nicht gut an. „Wir müssen schon Schulbücher und Tablets zahlen. Und es kommt immer mehr dazu. Dabei gibt es Familien, die ganz schön knapsen müssen und eigentlich eine Entlastung bräuchten“, so der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen wollte.
Die Schule begründete den Schritt damit, dass die Mittel für den oftmals unsachgemäßen Umgang mit den Geräten nicht ausreichten. Es habe kein Ersatz mehr beschafft werden können. „Die Fachkonferenz hat dies einstimmig beschlossen“, erklärte Gesamtschuldirektor Arne Sewing. Auch der Schulelternratsvorstand stehe hinter der Entscheidung. Bei der Schule selbst hätten sich bislang keine Eltern gemeldet.
Der Schulleiter betonte das „uneingeschränkte Gesprächsangebot“ für die Schulgemeinschaft und bedauerte, dass sich der Betroffene nicht an die Schule gewandt habe. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass solche Fragestellungen, die leicht in einem Telefonat erklärt werden können, über die Zeitungsöffentlichkeit ein verzerrtes Bild erhalten“, betonte Sewing. „Die Frage mangelnder Bildungsgerechtigkeit an Deutschlands Schulen im extrem unterfinanzierten deutschen Bildungssystem insgesamt wird diese Anfrage zu der Anschaffung von Tischtennisschlägern im Wert knapp unter zehn Euro wohl kaum aufwerfen. Das wäre aber dringend nötig.“
Eltern mögen bei Problemen das Gespräch mit der Schule suchen, bat Sewing. „Wir finden immer eine Lösung. Zum Beispiel leihen wir iPads über eine Härtefallregelung aus, damit wirklich alle Lernenden an der digital unterstützten Bildung teilhaben können.“ Auch auf die Möglichkeit von Ratenzahlungen weist die Schule hin. Die Tablets werden an der Schule ab der sechsten Klasse verpflichtend im Unterricht eingesetzt. Die Kosten für die Basisausstattung liegen bei 650 bis 700 Euro.
Sewing lobte ausdrücklich, dass die Stadt Wolfsburg viel in die digitale Infrastruktur der Schulen investiere, vermisst aber mehr Unterstützung vom Land Niedersachsen. Beispielsweise seien über den Digitalpakt Schule nur einmalig Tablets bereitgestellt worden. Die Lebensdauer liege bei rund sechs Jahren. „Gehen die inzwischen vier Jahre alten Geräte irgendwann kaputt, bekommt die Schule keinen Ersatz. Dies betrifft auch die Dienstgeräte der Lehrkräfte.“
Die Schulen wendeten mit ihren Kollegien viel Zeit und Energie für die digitale Unterrichtsentwicklung auf, die von der Kultusministerkonferenz vorgegeben sei. „Wenn aber nach einigen Jahren die Dienstgeräte kaputtgehen, stehen die Kolleginnen und Kollegen ohne Arbeitsmittel da. Holen wir dann die Kreide wieder aus der Schublade?“ Auch müssten Lehrkräfte bei der technischen Betreuung in Sachen Tablets entlastet werden. „Damit sich diese um den Unterricht kümmern können und nicht um das technische Troubleshooting“, so Sewing weiter.
Niedersächsische Elternvertreter machen beim Land Niedersachsen Druck für mehr Bildungsgerechtigkeit. Eine der zehn Forderungen: „Wir fordern, dass in Niedersachsen die Lernmittelfreiheit wieder eingeführt wird und die Aufnahme von digitalen Endgeräten als anerkanntes Lernmittel“, so Bettina Daft, Vorsitzende des Wolfsburger Stadtelternrats. Der Landeselternrat übergab die Petition mit rund 2.500 Unterschriften Ende November an Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne).
Probleme mit der Finanzierung von Schulmaterialien werden auch immer öfter an die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Niedersachsen (GEW) herangetragen – auch von Lehrkräften, die mit den daraus entstehenden Konflikten im Unterricht umgehen müssen. „Unserer Ansicht nach ist es elementare Aufgabe des Staates, für gleiche Lernbedingungen für alle Kinder zu sorgen. Dabei sollten Land, Kommunen und Städte an einem Strang ziehen und für eine gut ausgestattete Bildungslandschaft sorgen“, sagt der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer.
Als staatliche Unterstützungsleistung gibt es das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT), erklärt die GEW: Dieses könnten Familien mit geringem Einkommen nutzen, um Beihilfe bei Schulmaterialien, Klassenfahrten oder ähnliches zu erhalten. Auch Fördervereine könnten helfen.