Die konkreten Zahlen für 2024 liegen derzeit allerdings noch nicht vor, werden aber im Frühjahr offiziell durch das Innenministerium bekannt gegeben. Im Jahr 2023 hatte die Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt insgesamt 61 rechtsmotivierte Straftaten verzeichnet.
In den Bereich „politisch motivierte Straftaten rechts“ würden Kriminalitätsfälle mit einer rechten Orientierung - in Bezug auf die Tat selbst oder auch die Einstellung der Täterin beziehungsweise des Täters - fallen. Wesentliches Merkmal derartiger Straftaten seien beispielsweise Bezüge zu völkischem Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus, die mindestens teilweise ursächlich für die jeweilige Tat gewesen seien.
„Der wesentliche Kerngedanke einer rechten Ideologie ist die Annahme einer Ungleichheit beziehungsweise Ungleichwertigkeit der Menschen“, beschreibt aus dem Bruch. In der Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt gebe es daher sogar eine eigene Sachbearbeiterin, die sich auf auf den Bereich der Extremismus- und Radikalisierungsprävention beschränkt habe. „Ihre Aufgabe ist es, Präventionspotentiale in staatsschutzrelevanten Sachverhalten frühzeitig zu erkennen, um eine ganzheitliche Fallbearbeitung zu gewährleisten“, erläutert die Polizei-Sprecherin.
Ein Anstieg rechtsextremer Tendenz ist auch bei der „Dialogstelle Radikalisierungsprävention und Demokratieförderung der Stadt Wolfsburg“ spürbar: „Im letzten Jahr gab es spürbar mehr Beratungsanfragen im Bereich der Rechtsextremismusprävention und -intervention“, berichtet Christiane Groth, Sprecherin der Stadt Wolfsburg. „Angefangen bei rechtsextremen Äußerungen reichte das Spektrum dabei über Konflikte bis hin zu Schmierereien an Schulen.“
So hatten beispielsweise vier Jugendliche an der Grundschule Alt-Wolfsburg und der Realschule Vorsfelde mehrere rechte Graffitis, unter anderem Hakenkreuze und entsprechende Schriftzüge, gesprüht. Auch Bedrohungen und Auseinandersetzungen mit rechtem Gedankengut gebe es immer wieder. Umso wichtiger sei daher auch ein enges Zusammenspiel mit Schulen und Kindertagesstätten, um frühzeitig mit entsprechender Aufklärungsarbeit zu beginnen.
Darüber hinaus arbeitet die Anlaufstelle mit gemeinnützigen Vereinen, demokratiefördernden Initiativen und auch betroffenen Einzelpersonen sowie deren Umfeld zusammen.
„Schließlich können rechtsextreme Weltbilder und Argumentationsweisen in unterschiedlichen Formen auftreten“, sagt Groth. Dazu würden beispielsweise Symbole und Gesten, wie das Hakenkreuz oder der Hitlergruß, eine bestimmte Szenen-Kleidung und auch die Sprache und Rhetorik gehören. Auch antisemitische Äußerungen, ideologische Inhalte, wie die Ungleichwertigkeit von Menschen, oder auch Gewalt und Einschüchterung gegenüber Minderheiten und politischen Gegnern seien Beispiele dafür. „Es ist wichtig, diese Zeichen zu erkennen und sich aktiv gegen solche Ideologien zu stellen“, betont die Sprecherin.
Denn rechtsextremes Verhalten sei eine Gefahr auf individueller, gesellschaftlicher sowie politischer Ebene. Es greife demokratische Werte, wie Gleichheit, Pluralismus und Menschenrechte, an, untergrabe das Vertrauen in staatliche Institutionen und fördere autoritäre Strukturen. „Zudem geht von rechtsextremen Gruppen im Extremfall eine erhebliche Gewaltbereitschaft aus, die sich in Übergriffen, rassistisch motivierten Angriffen und Terroranschlägen äußert“, ergänzt Groth.
Davon betroffen seien dann vor allem Minderheiten wie Migrantengruppen, Menschen aus dem LGBTQ+-Bereich oder politische Gegner. Rechtsextreme Narrative würden eine „Wir-gegen-Die“-Mentalität fördern, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährde. „Rechtsextremisten nutzen Krisen, um Ängste zu schüren und extremistisches Gedankengut zu normalisieren“, sagt Christiane Groth.
Doch die Situation sei keinesfalls aussichtslos. Schließlich könne jeder Einzelne daran mitwirken, gegen diesen Trend vorzugehen - durch die Teilnahme an Wahlen, entsprechenden Seminaren oder auch dem Engagement in lokalen Organisationen gegen Rechtsextremismus. Für Letzteres würden sich in der Volkswagenstadt beispielsweise die Initiative #geschlossenweltoffen oder die „Partnerschaft für Demokratie“ der Stadt Wolfsburg anbieten.
„Zeigen Sie Zivilcourage, wenn Sie Zeuge von rechtsextremen Handlungen oder Äußerungen werden“, appelliert Groth an die Öffentlichkeit. Es sei wichtig, derartige Vorfälle bei den zuständigen Behörden zu melden und die Opfer zu unterstützen. Auch über die sozialen Netzwerke könne man auf das Problem aufmerksam machen. „Und vernetzen Sie sich mit anderen Menschen, die sich ebenfalls gegen Rechtsextremismus engagieren. Gemeinsam können Sie stärker auftreten und effektiver handeln“, betont sie.