Als hätte der Konzern nicht schon genug Ärger mit dem neuen US-Präsidenten: Hatte der doch erst kürzlich bekanntgegeben, 25 Prozent Einfuhrzoll auf Waren aus Europa erheben zu wollen – auch auf Autos aus dem VW-Konzern. So führt VW Nutzfahrzeuge etwa den ID.Buzz in seiner Langversion ein und Porsche sämtliche in Nordamerika nachgefragte Modelle – darunter E-Sportler wie der Taycan und Hybride wie der Panamera – ein. Alle sollen bald um ein Viertel ihres schon jetzt üppigen Preises teurer werden.
Jetzt folgt der nächste politische Hammer: Über die Bundesbehörde GSA (General Service Administration), die unter anderem für Gebäude der US-Bundesregierung zuständig ist, möchte die Trump-Regierung nach diversen Medienberichten 8.000 erst kürzlich aufgestellte Ladesäulen für Elektroautos wieder abbauen lassen. Zudem besitzt die US-Bundesregierung rund 650.000 eigene Fahrzeuge, von denen mehr als die Hälfte nach und nach durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden sollten – aus Klimaschutzgründen.
„Noch im März 2024 hatte die gleiche Behörde über 58.000 Elektrofahrzeuge bestellt und mit der Installation von mehr als 25.000 Ladestationen begonnen, zusätzlich zu den 8.000, die bereits in der gesamten Regierung im Einsatz sind“, schreibt „Auto Motor und Sport“. Nun solle die GSA die Elektroautos verkaufen, die sie erst kürzlich angeschafft hat.
US-Präsident Donald Trump, zu dessen engen Beratern E-Auto-Pionier und Tesla-Chef Elon Musk gehört, will die Elektro-Pläne seines Vorgängers zurücknehmen und auch staatliche Förderung zum Kauf von E-Autos und zum Ausbau der Ladeinfrastruktur stoppen. Auch das Ziel, bis 2045 bei allen Bundesbehörden emissionsfrei zu werden, soll nicht mehr gelten.
Was bedeutet all das für die Elektro-Strategie des Volkswagen-Konzerns in den USA? Die Konzernzentrale in Wolfsburg gibt sich gelassen: Die derzeitigen Ziele würden ja nur „wenige Ladestationen“ von US-Bundesbehörden betreffen. Die VW-Tochter Electrify America werde an ihren Plänen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in den Vereinigten Staaten festhalten. So sollten bis 2025 rund 8.000 Schnellladepunkte in Nordamerika entstehen. Außerdem will Volkswagen zusätzlich das Tesla-Ladenetz nutzen.
Autoexpertin Beatrix Keim, Direktorin des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg, sieht auf Anfrage unserer Zeitung keinen Grund zur Hysterie: „Es gibt aktuell etwa 3,5 Millionen Elektro-Fahrzeuge in den USA“, sagt sie. Da würden Trumps Pläne nicht ins Gewicht fallen. „Allerdings dürfte es generell in den nächsten zwei bis vier Jahren schlechter laufen mit der Elektromobilität in den USA“, sagt sie. Sie rechnet mit der Rücknahme von Förderprogrammen.
Warum zwei bis vier Jahre? In zwei Jahren (3. November 2026) finden Kongresswahlen in den USA statt, die oft von der jeweiligen Opposition gewonnen werden. In rund vier Jahren wird der nächste US-Präsident gewählt.
Für den VW-Konzern sieht sie trotzdem nicht schwarz, im Gegenteil: Mit der Wiederbelebung der US-Traditionsmarke Scout liege VW genau richtig. „Ein großes Modell nur für die USA und gebaut in den USA, dazu noch mit Range Extender – im Endeffekt ist Scout ein perfektes Programm nach Trumps Geschmack." Was sie meint: Scout will in den USA zwei Modelle bauen – einen Pick-up und ein SUV, jeweils mit Elektromotor und einem (mit benzinbetriebenem) Range Extender. Das ist ein kleiner Verbrennungsmotor, der die E-Batterie lädt und so die Reichweite des Fahrzeugs deutlich erhöht.
Mit Blick auf die wichtige Funktion, die Tesla-Chef Elon Musk für Donald Trump spielt, wagt sie folgende Prognose: „Es dürfte kaum einen kompletten Cut der Elektromobilität in den USA geben.“