Er hat an einem Projekt des Landessportbundes mit dem Konzept „Verein(t) gegen sexualisierter Gewalt im Sport – Ausgezeichnet“ teilgenommen und ist zertifiziert worden.
Damit übernimmt der MTV unter den Sportvereinen in Wolfsburg eine Vorreiterrolle. Er ist der erste Sportverein in der Volkswagenstadt, der dieses Zertifikat erhalten hat. Es sei ein großer Anteil von Kindern und Jugendlichen im Verein, sagt MTV-Vorsitzender Fabian Vandrey. Von den insgesamt 5.000 Vereinsmitgliedern beziffert er den Anteil von Kindern und Jugendlichen davon auf etwa 1.900.
„Uns war es wichtig, für den Gesamtverein ein Schutzkonzept zu erarbeiten, von dem dann auch alle wissen“, sagt stellvertretende Vorsitzende Daniela Kluge. Für Eltern sei es ein gutes Gefühl, wenn sie wüssten, dass dieses Konzept im Verein gelebt werde.
Konkret bedeutet das, dass an sämtlichen Stellen, egal, ob am Eingang des MTV-Centers, auf der Homepage oder in der Vereinszeitschrift, darauf hingewiesen wird, dass dieser Verein zertifiziert ist. Dies beinhaltet, dass es eine Vertrauensperson gibt, an die Kinder und Jugendliche sich im Bedarfsfall wenden können. Diese Rolle übernimmt Jana Wagner-Krempa. Die 42-Jährige arbeitet als Schulbegleitung in einer Schule und habe daher mit dem Thema bereits Berührungspunkte gehabt, da sie regelmäßig geschult werde.
„Ich war erstaunt, wie wenig beleuchtet dieses Thema bisher im Sport ist und dass es noch nicht viel häufiger aufgegriffen wurde“, sagt sie.
Genauso wie der Vorstand und die Übungsleiter nahm sie an dem Projekt des Landessportbundes teil. „Bereits 2018 haben wir uns damit auf den Weg gemacht“, sagt Kluge. Eigentlich dauere es zwei Jahre, bis ein Verein alle Module des Projektes durchlaufen habe, um zertifiziert zu werden. Die Corona-Pandemie mit Kontaktverboten und Einschränkungen sowie personelle Wechsel in beteiligten Organisationen hätten dazu geführt, dass sich alles extrem in die Länge gezogen habe und die Zertifizierung erst im November vergangenen Jahres erfolgt ist.
Während des Projektes waren sowohl Vertreter des Landessportbundes als auch des Wolfsburger Vereins Dialog beim MTV zu Gast. Auf dem Programm standen sowohl Gruppenarbeiten zum Thema, als auch das Nachspielen von Situationen oder das Durchgehen von Fallbeispielen.
Solche Fallbeispiele nennt auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Beispielsweise berichtet ein 12-jähriges Mädchen namens Anita, dass sie in einer kleinen Parkanlage von einem älteren Mann angesprochen und belästigt wurde. Hilfe bei anderen suchte sie vergeblich.
„Dass Kinder geschützt werden müssen, ist ja nichts Neues“, sagt Kluge. „Aber dieser Lehrgang hat mich noch einmal wachgerüttelt und mir die Augen geöffnet“, sagt sie. Sie gehe nun noch bewusster mit dem Thema um als zuvor.
Dass es niemanden kaltgelassen habe, wenn Fallbeispiele durchgegangen wurden, betont Vandrey. Umso höher sei das Engagement jedes einzelnen Teilnehmers zu bewerten, der in seiner knappen Freizeit im Anschluss an Übungsstunden noch an dem Projekt teilgenommen habe.
„Anhand der Fallbeispiele, die genannt wurden, muss man die Erfahrung mitnehmen, dass so etwas überall vorkommen kann und sich fragen, wie man damit umgeht“, sagt Wagner-Krempa. Als Vertrauensperson müsse man sich dessen bewusst sein, dass, nur weil man kontaktiert werde, es ja nicht heißen müsse, dass ein Betroffener wolle, dass weitere Schritte eingeleitet werden. „Im schlimmsten Fall ist man die Person, die nur zum Zuhören da ist“, sagt sie. Dies müsse man sacken lassen und verarbeiten. Für sie sei es jedoch sehr wichtig, dass Kindern und Jugendlichen ein besonderer Schutz zuteilwerde.
Vandrey betont die Bedeutung einer Vertrauensperson im Verein. „Die Trainer stehen mit uns als Vorstand alle in einem Abhängigkeitsverhältnis“, sagt er. „Daher sind wir als Vorstand der falsche Ansprechpartner für mögliche Vorfälle.“ Die Vertrauensperson sei im Bedarfsfall als unabhängige Instanz gerade für die ersten Schritte immens wichtig, um zu klären, welche Relevanz das Geschehen habe und was als Nächstes zu tun sei.
Im Zuge der Zertifizierung passte der Verein seine Satzung dahingehend an, dass er die Möglichkeit hat, Extremisten und Gewalttätige aller Art aus dem MTV auszuschließen. Wie groß das Interesse der Mitglieder an dem Thema war, zeigt die Tatsache, dass mehr 80 Prozent der Delegierten zu der Versammlung kamen, auf der die Satzungsänderung beschlossen wurde.
Dass nicht nur einfach ein Zertifikat vergeben wurde, sondern das Konzept beim MTV gelebt wird, zeigt auch die Tatsache, dass alle Trainer, die beim MTV tätig sind, vor ihrer Arbeitsaufnahme einen Ehrenkodex unterschreiben müssen. Dieser listet in mehreren Punkten auf, zu welchem Umgang sich die Übungsleiter mit Kindern und Jugendlichen verpflichten und dass auch ihr Umgang mit Erwachsenen auf diesem Ehrenkodex basiert.