Er suche nach Strategien der Vermittlung von Widerstand in unserer Gegenwart, sagt der Wiener. „Meine zentrale Frage lautet: Was können uns widerständige Bilder und Handlungen von Künstlerinnen und Künstlern über die Möglichkeiten heutigen widerständigen Verhaltens erzählen?“, erläutert er. Ausgehend von Kunstwerken wolle er Handlungsanregungen entwickeln. „Etwa zum Nachdenken über Gestaltungsformen des Widerstands, zu performativen Aktivitäten im öffentlichen Raum oder zum kritischen Befragen von Ausstellungen.“
Wichtig ist ihm dabei der Dialog mit Jugendlichen. Gemeinsam mit ihnen will er Denkmäler in Wolfsburg und Braunschweig sowie Kunstausstellungen besuchen und Workshops veranstalten. In den Workshops gehe es um den Widerstand gegen Faschismus und autoritäre Systeme in Geschichte und Gegenwart. Vermittlung verstehe er dabei nicht als Weitergabe von Wissen – wie in der Schule oder bei Vorträgen –, sondern „als Öffnung eines Raums, in dem alle Teilnehmer ihr Wissen, ihre Fragen und ihre Begehren einbringen“. Dabei würden notwendige Konflikte und Reibungen entstehen – „eben Widerstände“.
Simon Nagy will einen Jugendbeirat ins Leben rufen und mit der Hochschule für Bildende Künste (HBK) in Braunschweig zusammenarbeiten. Am Ende des einjährigen Forschungsprojekts im Frühjahr 2026 soll es eine gemeinsame Präsentation der erarbeiteten Ergebnisse geben. „Ein Ziel dabei lautet, aus unseren kritischen Gesprächen und Handlungen ein Vermittlungsmaterial zu entwickeln, mit dem andere Gruppen von Jugendlichen in der Folge im Museum weiterarbeiten können“, sagt Simon Nagy. Gila Kolb, Jurymitglied und Kunstpädagogin, betont: „So ein Forschungsprojekt zur Kunstvermittlung ist in Deutschland absolut einzigartig.“ Normalerweise seien Stipendiaten oft in die Arbeit der jeweiligen Einrichtung eingebunden und könnten weniger frei forschen. Benita von Maltzahn, Leiterin Gesellschaft und Kultur im Volkswagen-Konzern, stimmt ihr zu: „Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass der professionelle Nachwuchs im Umfeld Kultur ebenso eine Förderung erfährt wie auch die ausschreibende und betreuende Institution.“
Marcus Körber, Leiter der Städtischen Galerie Wolfsburg, freut sich, zum siebten Mal einen Stipendiaten im Schloss Wolfsburg begrüßen zu dürfen: „Wir sehen unsere Aufgabe ja auch in der Kunstvermittlung – gemeinsam mit den Menschen." Dabei gebe es den Bildungsaspekt ebenso wie das pure Erleben von Kunst. „Beides dient letztendlich dazu, Diskussionen auszulösen und unsere Demokratie zu stärken“, betont er. Deshalb würden Simon Nagy und sein Forschungsprojekt perfekt zum Ansatz der Städtischen Galerie Wolfsburg passen.
Zum Fototermin stellen sich Körber, Nagy, Kolb und Rita Werneyer (Volkswagen) an die Installation „Flamme der Revolution“ von Olaf Nicolai. Einem Künstler, der in Halle an der Saale geboren wurde und bis kurz vor dem Mauerfall an der Uni Leipzig studiert hat...