In Fallersleben steht die Hausarzt-Praxis von Dr. Sabrina Winkler vor dem Aus
Ärztin sucht händeringend neue Räumlichkeiten – Fast 2000 Patienten wären betroffen

Dr. Sabrina Winkler muss ihre Praxis am Denkmalsplatz in Fallersleben räumen. Sie sucht neue Räume um weiter ihre 2000 Patienten versorgen zu können.Foto: Oliver Fricke
Fallersleben. Der Hausärztemangel in Wolfsburg könnte sich weiter auswachsen, wenn keine Lösung gefunden wird. Dr. Sabrina Winkler muss im Herbst ihre Praxis am Denkmalsplatz in Fallersleben räumen. Dr. Winkler ist Fachärztin für Internistische Allgemeinmedizin und Fachärztin für Chirurgie. Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) waren Anfang des Jahres 17 Hausarztsitze in Wolfsburg unbesetzt. Einen weiteren Praxis-Leerstand kann die Stadt demnach nicht unbedingt stemmen.

Die 52-jährige Ärztin betreibt die Praxis in der Altstadt von Fallersleben seit April 2015 und versorgt rund 2000 Patienten, darunter nach eigenen Angaben viele Kinder. Die Praxisgründung war ein Förderprojekt der Stadt Wolfsburg, das aufgrund von Hausärztemangel von der Stadtverwaltung ins Leben gerufen worden war.

„Jetzt liegt mir die Kündigung für die Räume vor und wir wissen nicht, wie es weitergehen soll, denn wir müssen die Praxis zum 31. Oktober 2025 verlassen“, erzählt Winkler. Sie möchte gerne ihre Praxis in Fallersleben weiter fortführen. Allerdings: „Rein finanziell ist es mir nicht möglich, eine höhere Miete in anderen Räumen aufzubringen, geschweige denn einen Umzug mit eventuellen Sanierungsmaßnahmen zu bezahlen“, stellt die Ärztin heraus.

Winkler hatte, bevor sie sich selbständig machte, als leitende notfallmedizinische Oberärztin gearbeitet. „Eine Praxisübernahme war für uns bereits damals nur mithilfe dieser Förderung möglich.“ Die Ärztin bezog 2015 die Räume am Denkmalsplatz, dort hatte sich schon seit Jahrzehnten eine Allgemeinmedizinerpraxis befunden.

Die Räume sind teilweise denkmalgeschützt und haben Bestandschutz. „Viele bauliche Veränderungen waren daher nicht möglich. Wir haben ein kleines Treppenhaus mit direktem Zugang zum Wartezimmer, sowie einen separaten Zugang zu einem Durchgangsraum, den wir als Infektionszimmer nutzen. Die Praxisabläufe haben wir über Jahre an die baulichen und personellen Verhältnisse angepasst“, berichtet die Medizinerin.

Warum nun also die Kündigung? Laut Winkler hätte der Vermieter eine zunehmende Lärmbelästigung durch den Praxisbetrieb beklagt. Er wohnt in der Nachbarschaft. Die Ärztin wundert das, da sich weder an der Nutzung der Räume noch an der Raumakustik in den letzten zehn Jahren wesentlich etwas verändert habe.

Lediglich die Frequentierung des Durchgangszimmers habe sich seit der Corona-Pandemie etwas verstärkt. Vorschläge den Raum zu dämmen seien nicht auf Zustimmung gestoßen. Ende April 2025 habe der Vermieter dann die Kündigung vorgelegt. Die WAZ fragte beim Vermieter nach, doch dieser wollte sich öffentlich nicht zur Kündigung äußern.

Die Praxis habe laut Winkler von Beginn an einen überdurchschnittlich hohen Kinderanteil gehabt. In Wolfsburg habe 2015 bereits ein großer Kinderarztmangel geherrscht, da ein niedergelassener Kinderarzt krankheitsbedingt schließen musste. „Wir wurden wir von der Kassenärztlichen Vereinigung um Hilfe gebeten und dazu autorisiert, Notfallvertretungen für die niedergelassenen Kinderärzte zu übernehmen“, erläutert Winkler, die selbst Mutter von drei Kindern ist.

Seitdem seien in ihrer Praxis Kinder vom Babyalter an versorgt worden und zusätzliche Kindersprechstunden angeboten worden. Auch eine notfallmedizinische Kinderversorgung gehörte dazu. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine, sei der Anteil der Patienten, vor allem der Kinder mit Migrationshintergrund, gewachsen.

Aber auch der Anteil an Älteren, zum Teil jenseits des 90. Lebensalters, sei sehr hoch. „Diese habe zum Teil schon ihr halbes Leben in der Praxis am Denkmalplatz verbracht. Auf diese Patienten sind wir sehr stolz und möchten ihnen auch weiterhin zur Seite stehen“, sagt Winkler. Längere Geh- oder Fahrwege seien jedoch kaum zumutbar, daher müsse eine räumliche Lösung im Umkreis gefunden werden.

Neben den schon geschilderten Problemen kämpft die Hausärztin wie viele ihrer Kollegen mit dem Fachkräftemangel. Seit dem Jahr 2022 führe sie die Praxis in Fallersleben mit einer Quereinsteigerin quasi alleine. „Wir brauchen für einen stabilen Praxisbetrieb eine medizinische Fachangestellte, damit ich meiner ärztlichen Tätigkeit nachkommen kann“, betont sie.

Die Zeit eine neue Praxis zu finden drängt und sollte nahtlos erfolgen. „Ich bin darauf angewiesen, den Praxisbetrieb nahezu lückenlos fortsetzen zu können, da wir auf die monatlichen Abschlagzahlungen zur Deckung der laufenden Kosten angewiesen sind“, erläutert sie. Sie sagt, sie wäre auch bereit, in einer anderen Praxis einzusteigen.

Mit anderen Hausärzten in Fallersleben stehe sie bereits in Kontakt. Mit der Stadt Wolfsburg, die 2015 Fördermittel zur Verfügung gestellt hatte, ebenfalls.

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