Erhard Buhl (92)
schafft 65. Sportabzeichen
Noch heute geht er täglich schwimmen – Kameradschaft ist ihm wichtig

Der fitteste Wolfsburger: Erhard Buhl (92) ist seit 1954 Mitglied des MTV Vorsfelde. Foto: Carsten Bischof
Wolfsburg. Der fitteste Wolfsburger kommt aus Vorsfelde: Erhard Buhl ist mittlerweile 92 Jahre alt und hat vor wenigen Tagen alle Prüfungen für sein 65. Sportabzeichen absolviert. In den MTV Vorsfelde trat er bereits 1954 ein – wobei das Sporttreiben damals für ihn nicht einmal an erster Stelle stand.

„In erster Linie ging es mir damals darum, Leute kennenzulernen“, sagt er. Seine Familie sei nach dem Krieg aus dem Sudetenland nach Hessen gekommen, 1953 sei er in Wolfsburg angekommen. Er habe bei Volkswagen in der Produktion angefangen. Aber außer seinen Arbeitskollegen habe er niemanden gekannt. Also habe er sich gedacht: „Trete ich einfach in einen Sportverein ein. Dann lerne ich Leute kennen.“

Zunächst engagierte er sich in der Volkstanzgruppe. Die sei damals oft nach England gefahren. Später habe er sich Leichtathletik entschieden. „Irgendwann bin ich gefragt worden, ob ich nicht mein Sportabzeichen machen will“, berichtet Buhl. Na klar wollte er: „Damals mussten wir für das Abzeichen in Bronze 1.000 Meter im Kanal schwimmen – dort gab es sogar ein Freibad direkt am Kanal." Das war 1960: Seitdem hat er jedes Jahr sein Sportabzeichen gemacht.

Nur ein einziges Mal hätte er es fast nicht geschafft: „Das war nach einer geplanten Alpenüberquerung, bei der ich mir eine sehr schmerzhafte Lendenwirbelentzündung zugezogen habe.“ Er habe lange ein Korsett tragen müssen und deshalb lange keinen Sport treiben können. Trotzdem habe er alle Prüfungen fürs Sportabzeichen erfolgreich abgelegt. Bis heute, betont der Vorsfelder, absolviere er die Sportabzeichenprüfungen immer im Frühjahr eines Jahres – „dann habe ich es hinter mir.“

Aber Erhard Buhl hat sich auch im MTV Vorsfelde engagiert: 40 Jahre lang war er Sportabzeichen-Abnehmer. Außerdem hat er eine Gymnastikgruppe gegründet und sie auch 25 Jahre lang geleitet. „In der bin ich immer noch aktiv“, sagt er und lächelt. Auch als Schwimmwart war er viele Jahre lang aktiv.

Jenseits des MTV war Buhl ebenfalls sportlich aktiv: „Ich bin viele Jahre lang regelmäßig Rennrad gefahren – einmal pro Woche haben wir eine 50 Kilometer lange Runde zurückgelegt. Auch für Volleyball habe er sich begeistert: „Ich habe diese Sportart in einem Sylt-Urlaub kennengelernt.“ Volleyball spiele er immer noch gerne, aber nicht mehr so ehrgeizig wie früher. „Da macht sich das Alter dann doch irgendwann bemerkbar“, sagt er und lacht. Mit seiner Frau sei er früher regelmäßig Ski gelaufen – heute sitze sie leider im Altenheim. Er besuche sie aber täglich.

Und heute? „Wenn das Wetter gut ist, also im Sommer, gehe ich jeden Tag im VW-Bad schwimmen“, berichtet Erhard Buhl. „Früher bin ich immer 1.000 Meter geschwommen, heute schaffe ich nur noch 500.“ Damit nicht genug: Dienstags trifft sich der 92-Jährige mit weiteren Senioren in einer Sportgruppe. „Dann trainieren wir zwei Stunden. Zuerst machen wir Gymnastik, danach spielen wir noch Volleyball.“

Freitags steht regelmäßig Rückengymnastik auf dem Programm. Sonntags gehe er zum Lauftreff – „aber wir laufen nicht mehr im herkömmlichen Sinne. Wir gehen eher.“ Aktuell seien sie noch vier Aktive.

Und das 65. Sportabzeichen? Dafür musste Erhard Buhl 200 Meter schwimmen und einen Schwimmsprint über 25 Meter absolvieren. Er musste zudem beim Seilspringen acht Sprünge schaffen. „Das ist gar nicht so einfach, ohne sich zu verheddern“, sagt er und lacht wieder. Außerdem habe er einen Medizinball acht Meter weit werfen müssen. Ruckzuck seien die Prüfungen absolviert gewesen, für Sportabzeichen Nummer 65. „Das Sportabzeichen mache ich quasi nebenbei.“

Warum treibt er heute, mit 92 Jahren, immer noch so viel Sport? Erhard Buhl lächelt: „Sport hält einen gesund. Nach dem Sport fühle ich mich einfach besser.“ Aber das sei nur eine Seite des Sports. Eine wichtige Seite sei für ihn bis heute die soziale Komponente: Einerseits sei man unter Menschen und schließe Kontakte sowie echte Freundschaften. Andererseits gehe es auch um Kameradschaft: „Wenn Not am Mann war, haben mir Sportfreunde und Arbeitskollegen immer geholfen.“

Er erinnere sich an den Bau des Eigenheims: „Dabei haben Arbeitskollegen und Freunde aus dem Verein immer geholfen. Diese Art der gegenseitigen Hilfe finde ich sehr wichtig.“ Das Engagement im Sportverein vermittele ja immer auch gesellschaftliche Werte, wie beispielsweise Kameradschaft und Verantwortungsbewusstsein. Von beidem hat er in den zurückliegenden Jahrzehnten so viel gezeigt, dass er längst Ehrenmitglied im MTV Vorsfelde ist.

Aber jetzt, so gibt Erhard Buhl bekannt, sei es an der Zeit, kürzerzutreten: „Ich habe jetzt das 65. Sportabzeichen gemacht. Ob ich weitermache, weiß ich noch nicht...“

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