Freundeskreis hat Klage gegen
einen Wolfsabschuss eingereicht
Immer mehr Nutztiere in der Region fallen den Angriffen zum Opfer

Soll ein Wolf abgeschossen werden? Ein Jäger aus Wolfsburg und der Freundeskreis freilebender Wölfe äußern sich zur Diskussion (Symbobild).Foto:IMAGO/Martin Wagner
Wolfsburg. Ein Wolf hat in den vergangenen Monaten in der Region viele Nutztiere gerissen. Ralph Schräder, Vorsitzender der Jägerschaft Wolfsburg, berichtet: „Er ist drei Jahre alt und bereits ein Leitwolf. Er war an allen Angriffen beteiligt, das bestätigen die Proben.“

Die Schadenstabelle der Landesjägerschaft listet für Wolfsburg einige gemeldete Nutztierrisse auf: Vom Juli bis September 2024 schlugen Wölfe gleich viermal zu - zweimal in Neindorf sowie je in Almke und Heiligendorf. Auch im Nachbarlandkreis Helmstedt gab es mehrere Wolfsrisse.

Der Landkreis Helmstedt veröffentlichte eine Allgemeinverfügung zur Wolfsentnahme. Der gezielte Abschuss ist in einem bestimmten Gebiet und unter strengen Bedingungen erlaubt. In den Gemeinden Lehre, Königslutter, Grasleben und Velpke könnte der Wolf gezielt getötet werden. Für den Freundeskreis freilebender Wölfe sei der Radius von fünf Kilometern zu groß. „Normalerweise liegt der Umkreis bei einem Kilometer“, sagt Vorsitzender Ralf Hentschel, der in Wolfsburg wohnt.

Der Verein hat bundesweit 628 Mitglieder. Eine wichtige Aufgabe sei die Beratung und Weiterentwicklung im Herdenschutz, da die Nutztierhalter direkt von der Wiederkehr der Wölfe betroffen seien und hier die größten Konflikte entstehen würden. Laut Hentschel sind viele Nutztierhalter im Freundeskreis. „Viele fragen wegen an, ob wir ihnen helfen können. Im Drömling und Peine haben wir rund 40 Kilometer Zaun in den letzten drei Jahren gebaut“, erzählt Hentschel.

In Deutschland ist der Wolf seit dem Jahr 2000 wieder ansässig. Seine Rückkehr nach rund 180 Jahren ist ein Erfolg für den Naturschutz, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Im Jahr 2011 wurde das erste Wolfsterritorium in Niedersachsen nachgewiesen. Nach Angaben des Landkreises Helmstedt gibt es in Niedersachsen eine überdurchschnittliche Wachstumsrate bei den nachgewiesenen Wolfsterritorien. „Wir haben dauerhaft Sichtungen, beispielsweise beim Landleben in Kästorf oder in Hehlingen“, sagt Schräder. Laut dem Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft Niedersachsen ist die Anzahl der nachgewiesenen Wolfsterritorien in Niedersachsen jährlich um durchschnittlich 47 Prozent gestiegen. In der Region um den Landkreis Helmstedt, die auch die kreisfreie Stadt Wolfsburg und den Landkreis Wolfenbüttel umfasst, sind vermehrt Risse von Weidetieren zu verzeichnen gewesen.Im Monitoringjahr 2024/2025 wurde das Wolfsterritorium Wolfsburg mit dem Rüden GW3559m, der Fähe GW3658f und drei Jungtieren bestätigt, darunter GW4499m und GW4616f. GW steht laut Ralph Schräder für Grauwolf. Das Territorium Elm südlich von Wolfsburg befindet sich noch unter Beobachtung, auch hier wurde GW3559m nachgewiesen. Diese Entwicklungen bilden den Hintergrund für eine Allgemeinverfügung, die den gezielten Abschuss des Wolfes GW3559m innerhalb eines bestimmten Gebiets erlaubt, um Konflikte mit Weidetierhaltern zu minimieren, teilt der Landkreis Helmstedt mit.Hentschel erklärt, wie streng die Bedingungen für eine Entnahme sind. Zunächst muss ein aktuelles Rissereignis unter Überwindung von zumutbaren Herdenschutz vorliegen. „Dann muss der Nachweis durch die DNA-Probe erfolgen, dass auch dieser Wolf verantwortlich war. Sobald die Bestätigung vorliegt, kann die Entnahme durchgeführt werden“, so Hentschel. Der Abschuss darf nur von autorisierten Jagdausübungsberechtigten erfolgen, die vorher eine spezielle Beauftragung erhalten haben.

Jäger Ralph Schräder ist nicht gegen eine Wolfsentnahme. Der Wolfsburger betont aber, wie schwierig ein Abschuss sei. „Wie soll ermittelt werden, welcher Wolf es ist oder wo er sich aufhält?“, fragt sich auch der Experte. Schließlich könnte das Tier längst aus dem festgelegten Umkreis herausgelaufen sein.

Während der Brut- und Setzzeiten sowie bei Jungtieren ist eine Tötung untersagt. Schräder geht davon aus, dass es wieder Nachwuchs gibt. „Beide Elternteile sind an der Aufzucht beteiligt und momentan werden sie noch von der Muttermilch ernährt. Sobald die Jungtiere mehr Futter brauchen, könnten die Angriffe auf Nutztiere wieder zunehmen“, sagt Schräder. Ein Vollzug ist dem Landkreis zufolge erst ab Anfang Juli möglich. Die Verfügung gilt zunächst bis zum 31. Dezember. Ob der Wolf zur Entnahme freigegeben wird, ist noch nicht entschieden. Der Freundeskreis freilebender Wölfe reichte Ende Mai eine Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig ein. „In Deutschland haben wir schon 16 Klagen gegen eine Entnahme gewonnen. Aktuell laufen sieben Verfahren“, teilt Vorsitzender Ralf Hentschel mit.

Der Vorsitzende der Jägerschaft, Ralph Schräder, befürchtet, dass die Entnahme des Wolfes vom Gericht wieder einkassiert wird. „Bald wird in Niedersachsen eine Dichte erreicht werden, die auch der extremen Wolfsbefürworterseite als hoch genug für Eingriffe erscheinen sollte“, sagt Schräder.

Druckansicht