Einzelhandels-Krise auch in Wolfsburg: Händler drängen auf Lösungen
Handelsverband Harz-Heide berät in Wolfsburg –
Diskussion über Lösungen zur Belebung der Innenstadt

Porschestraße: Händler in der City klagen über weniger Kunden und Umsatzeinbußen. Aber sie sehen auch mögliche Lösungen des Problems.Foto: christian Opel
Wolfsburg. Die Händler in den Zentren von Städten und kleineren Orten sind mitten in einer Krise. Es kommen weniger Kunden in ihre Geschäfte, die Umsätze gehen zurück, die Zahl der Leerflächen nimmt zu. Wie können sich die Betroffenen freischwimmen? Darüber berät der Handelsverband Harz-Heide im Wolfsburger Parkhotel. Unserer Zeitung verrieten die Verantwortlichen erste Lösungsansätze.

Heinz-Georg Frieling, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands, betont: „Diese Krise ist ein deutschlandweites Problem.“ Wobei nicht jeder gleichermaßen von Umsatzeinbußen betroffen sei: „Der Onlinehandel verzeichnet ein Umsatzplus.“ Außerdem gebe es Nischen, in denen Händler wunderbar leben könnten. Aber der durchschnittliche stationäre Handel mache eine schwere Krise durch.

Matthias Lange, Chef des traditionsreichen Kaufhauses WKS in Wolfsburg und Präsident des Handelsverbandes, wird sehr deutlich: „Im Handel war es noch nie so schlimm wie heute. Die Leute halten ihr Geld zusammen und die Bons werden kleiner.“ Er verweist auf die Porschestraße in Wolfburg: „Da ist doch kaum noch Kundenfrequenz.“ Selbst in der City-Galerie gebe es regelmäßig Leerstände.

Die Designer Outlets seien keine Hilfe: „Die fahren dorthin, kaufen ein und fahren wieder weg“, so Lange. Maximal die Autostadt könnte von den DOW (Designer Outlets Wolfsburg) profitieren. An einigen Stellen hätten sich die DOW sogar - anders als ursprünglich versprochen - zu Konkurrenten entwickelt: Immer häufiger, so Lange, werde dort aktuelle Ware angeboten. Dabei sei der Outlet-Grundgedanke ja, Vorjahres-Ware zu einem günstigeren Preis anzubieten.

Als Lichtblicke sieht er die Zentren von Fallersleben und Vorsfelde. „In der Fallersleber Innenstadt gibt es zwar Leerstände“, so Lange. Aber insgesamt sei die Händlerschaft mit Kundenfrequenz und Umsatz zufrieden. Noch besser sehe es in der Eberstadt aus: „Vorsfelde ist, was den Handel betrifft, wirklich gut aufgestellt.“

Aber auch hier sieht Olaf Jaeschke, Handelsverband-Vizepräsident, ein grundsätzliches Problem: „Die Leute kaufen Gebrauchsgüter, wenn sie etwas neu brauchen - etwa eine Waschmaschine.“ Aber Käufe, um sich spontan etwas Besonders zu gönnen oder um Kunst zu erwerben, hätten massiv nachgelassen. Dieser Trend habe schon dazu geführt, dass alteingesessene Häuser ihre Türen für immer geschlossen hätten.

Was ist zu tun, um aus der Krise zu kommen? „Die Politik ist gefragt“, sagt Handelsverband-Hauptgeschäftsführer Heinz-Georg Frieling. Er verweist auf Billigware aus China, die teilweise nach Deutschland eingeführt werde, ohne hiesige Qualitätsstandards zu erfüllen. „Da müssen die Europäische Union und die deutsche Regierung eingreifen“, findet er. Vizepräsident Olaf Jaeschke stimmt zu: Kinderspielzeug aus China enthalte teilweise sogar giftige Stoffe - so etwas müsse man im Sinne des Kindeswohls unterbinden.

Und auf kommunaler Ebene? „Da müssen wir den Begriff von Innenstadt neu definieren“, sagt Jaeschke. Die Zeiten von Innenstädten als reine Handels- und Gastronomiezentren sei vorbei. „Die Städte müssen Tourismus, Gastronomie und Hotellerie ins Zentrum holen“, sagt er. Auch Bildungseinrichtungen wie Schulen müsse man zurück in die City holen. „All das trägt zur Belebung von Zentren bei“, sagt er. Je mehr Menschen in der City seien, umso besser für den Handel.

Wobei Matthias Lange auch das verstärkte Home Office als eine Art Genickbruch für Zentren ausgemacht hat. Alleine in Wolfsburg würden dadurch einige tausend Kunden pro Tag fehlen. „Die würden sonst essen oder auch einkaufen gehen.“

Lange und Jaeschke fordern flankierende Maßnahmen von der örtlichen Politik: „Wir müssen die Mobilität in allen Facetten fördern“, sagt Olaf Jaeschke. „Versuchen Sie doch mal, mit dem Bus von Brome zum Einkaufen nach Braunschweig zu fahren...“ Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) aus Bus und Bahn müsse deutlich attraktiver werden in der Region.

Außerdem dürfe eine Stadt wie Wolfsburg oder Braunschweig die Zahl der Autoparkplätze in der Innenstadt nicht reduzieren: „Viele Leute wollen mit dem Auto zum Einkaufen in die Stadt fahren“, betont Jaeschke. Und wer einen neuen Kühlschrank oder Fernseher kaufe, wolle den auch gleich in sein Auto laden können. „Anders macht es doch gar keinen Sinn.“

Gleichzeitig müsse man aber auch den Fahrradverkehr fördern, egal, ob E-Bike oder konventionelles Fahrrad. Wenn eine Innenstadt belebt werden soll, müsse sie auch von möglichst vielen Menschen problemlos erreicht werden können. In diese Diskussion, so das Fazit der drei Handelsverbandsvertreter gegenüber unserer Zeitung, müsste der Handel jetzt mit den verantwortlichen Politikern gehen.

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