Übernimmt die Stadt Wolfsburg
den Friedhof in Neindorf?
Teile der Politik wollen vor Entscheidung mehr Informationen zu Kosten und Zustand der Kapelle

Bald in städtischer Verwaltung? Zur Übernahme des kirchlichen Friedhofs in Neindorf durch die Stadt Wolfsburg haben Teile der Politik noch offene Fragen.Foto: Roland Hermstein
Wolfsburg/Neindorf. Der Friedhof im Wolfsburger Ortsteil Neindorf am Almker Totengrund wird bisher von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Neindorf-Almke und Hehlingen verwaltet. Doch aufgrund der Kosten kann sie den Friedhof nicht weiter betreiben.

Eigentlich soll die Stadt Wolfsburg die Verwaltung zum Jahreswechsel übernehmen. So könnten Neindorfer weiterhin in ihrem Dorf beerdigt werden. Doch der Zeitplan und die Übernahme des Friedhofs stehen auf der Kippe. Die Politik, allen voran die SPD, hat noch Klärungsbedarf, das wurde jetzt im Bauausschuss deutlich. Daher wurde eine weitere Lesung bei dem Thema vereinbart.

„Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, müssen wir die Rahmenbedingungen kennen“, sagt Hans-Georg Bachmann (SPD). Er bemängelt im Bauausschuss, dass Angaben zur Größe des Friedhofs, zu den Bestattungsformen, zum Zustand der Kapelle und der Zahl der Beerdigungen fehlten. Aber vor allem eine Angabe über die zu erwartenden Kosten fehle. Man müsse im Vorfeld wissen, ob die Übernahme des Friedhofs auch zu steigenden Gebühren für die städtischen Friedhöfe führen könne, die am Ende jeder bezahlen müsse. Ohne diese Informationen könne die Fraktion keine Entscheidung treffen.

Eine Zustimmung ist dabei kein Automatismus. Die Stadt könne sich nicht mehr alles leisten, gibt Bachmann zu bedenken. Gleichzeitig sei ein Friedhof ein hochemotionales Thema. Am Ende müsse man genau abwägen und dann, wenn alle Fakten vorliegen, eine Entscheidung treffen. So liegt der städtische Friedhof von Almke unweit von Neindorf an der L290. Man müsse sich die Frage stellen, ob eine Beerdigung dort für die Einwohner Neindorfs zumutbar ist.

„Für mich ist das auch eine moralische Frage. Wir dürfen die Diskussion nicht nur auf die Kosten reduzieren“, sagt hingegen Ira von Steimker (CDU). Bewohner eines Ortsteils sollte die Möglichkeit haben, dort auch begraben zu werden oder ihre verstorbenen Angehörigen dort aufzusuchen.

Zum Hintergrund: Die Stadt Wolfsburg hat in den vergangenen Jahren bereits Friedhöfe von der Kirche übernommen. So ist die Stadt inzwischen auch Träger des St. Annen Friedhofs in Heßlingen oder des Friedhofs an der Meinstraße in Vorsfelde. Es gibt also Beispiele, bei denen man sich für eine Übernahme entschieden hat. Wobei die beiden Friedhöfe ungleich größer sind als die Neindorfer Begräbnisstätte.

Laut Stefanie Jäger-Wilke, Geschäftsbereichsleiterin Grün der Stadt Wolfsburg, fand zuletzt eine mittlere einstellige Zahl von Beerdigungen auf dem Friedhof in Neindorf statt. Die Fläche der städtischen Friedhöfe würde mit der Übernahme des Gottesackers um ein Prozent wachsen, erklärte sie im Bauausschuss. Die Stadt Wolfsburg sieht in der Übernahme der kirchlichen Friedhöfe einen Vorteil.

Sie kann auf dem überwiegenden Teil der Friedhöfe für einheitliche Regelungen und Gebühren sorgen. Bis auf die kirchlichen Friedhöfe in Brackstedt und Warmenau, wären nach der Übernahme des Neindorfer Gottesackers alle Friedhöfe in städtischer Hand. Abweichende Regelungen und Gebühren würde es dann nur noch in diesen beiden Ortsteilen geben

Gleichzeitig wandeln sich die Bestattungsgewohnheiten der Menschen. Der Anteil von Urnenbestattungen liegt laut Zahlen der Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen bundesweit inzwischen bei 80 Prozent. Urnengräber brauchen weniger Platz, was zur Folge hat, dass Friedhöfe meist zu viel Fläche besitzen. Auch die Gebühr für ein Urnengrab ist niedriger als bei einer Sargbestattung, was vor allem bei kleineren Friedhöfen mit wenigen Bestattungen im Jahr zu Problemen bei der Finanzierung führen kann.

In anderen Städten wie zum Beispiel Hamburg werden inzwischen Friedhöfe geschlossen. So soll der kirchliche Friedhof Bornkamp in Altona aus finanziellen Gründen aufgegeben werden. Die fast 1.000 Grabstätten werden umgebettet, wie der NDR berichtete. Zudem prüft die Hamburger Umweltbehörde, Friedhöfe ganz oder teilweise in Parks umzuwandeln. Ein Pilotprojekt ist „Ohlsdorf 2050“.

Auf Europas größtem Parkfriedhof soll ausprobiert werden, wie der Naturraum gleichzeitig von Trauernden und Erholungssuchenden genutzt werden kann. Dort wird durch den Trend zur Urnenbestattung inzwischen nur noch ein Drittel der knapp 400 Hektar Friedhofsfläche für Beerdigungen genutzt.

Druckansicht