Im zukünftigen Kreativraum stehen die Gegenstände, die den Wasserschaden der Trostinsel überstanden haben: Leiterin Dagmar Huhnholz zeigt beispielsweise die Tafel und den Kicker. Viele Bastelmaterialien sind in Plastikboxen und waren dadurch geschützt. Der Sarg, der den Tod näher bringen soll, kann auch bald in die neuen Räume am Rothenfelder Markt umziehen.
Ansonsten ist das meiste Mobiliar zerstört worden. Am 13. August kamen die Mitarbeiter in die Räume in der Eichendorffstraße - ihnen sei sofort das Wasser entgegengekommen. Zum dritten Mal gab es einen Wasserschaden in der Trostinsel, der Anlaufstelle für trauernde Kinder und Jugendliche. Die Verantwortlichen des Vereins „Hospizarbeit Region Wolfsburg“ haben sich deshalb für einen Umzug entschieden. „Wir wollten nicht mehr zurück, sondern das Gute in einem Neuanfang sehen“, sagt Lucas Weiß, Geschäftsführer des Vereins.
Die Gruppen mussten also Abschied von ihrem geliebten Raum nehmen. „Zuerst sah die Teenie-Gruppe den Schaden. Die Jugendlichen, die zwischen 11 und 16 Jahre alt sind, waren bestürzt. Bei ihnen war Trauer und Verlust spürbar“, so Huhnholz. Ein Mädchen habe gesagt: „Schon wieder ein Abschied.“ Aktuell finden die Treffen in den Hospizhäusern statt.
Sechs Gruppen treffen sich in der Trostinsel. In den beiden Kindertrauergruppen sind Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 10 Jahren. Begleitet werden auch Kinder, die Abschied von Mutter oder Vater nehmen müssen. Junge Erwachsene bis 35 Jahre haben mit der Trostinsel ebenfalls einen Ort zum Austausch. In den Räumlichkeiten treffen sich außerdem die Geschwister von schwersterkrankten Kindern. Auch das Eltern-Café findet dort statt. Die Begleitung findet laut Lucas Weiß zudem überall dort statt, wo mit Trauer umgegangen wird. So werden etwa auch Gespräche mit Angehörigen in den Zimmern der beiden Hospizhäuser geführt. Dem Verantwortlichen zufolge werden jährlich rund 160 Familien begleitet. 25 Ehrenamtliche und drei Hauptamtliche sind für die Kinder- und Jugendtrauerarbeit zuständig.Klaus Mohrs, Vorsitzender des Vereins, zeigt sich über die erfolgreiche Wohnungssuche erfreut. Wenige Tage nach dem Wasserschaden wurde eine Wohnung in Alt-Heßlingen besichtigt - nun steht der Notartermin fest. Die Räume in der Straße Am Hasselbach 5 werden gekauft. „Das ist ein exzellentes Angebot und wir hoffen, dass alle die Räume als Bereicherung sehen“, betont der ehemalige Oberbürgermeister Wolfsburg. Die Fläche ist etwas kleiner als am vorigen Standort, dafür gibt es drei Zimmer und einen Garten. „Die Kinder und Jugendlichen können pflanzen, das Wachstum beobachten und ernten. Das haben sich viele gewünscht“, so Huhnholz.Draußen wird noch ein Gartenhäuschen aufgebaut. Innen stapeln sich die Kartons vom Möbelhaus. Für die neue Einrichtung hat der Verein rund 10.000 Euro ausgegeben. „Sowohl die Räume als auch das neue Mobiliar werden durch Spenden finanziert“, erklärt Mohrs. Freiwillige Helfer möchten in den nächsten Tagen die Möbel aufbauen. „Dafür können sich Menschen gerne melden. Wer Werkzeuge wie Akkuschrauber besitzt, ist besonders willkommen“, sagt Lucas Weiß. Ende Oktober soll die Trostinsel wieder zur Verfügung stehen.Die Wohnung wurde in warmen Farben gestrichen. In der neuen Trostinsel werden ein großes Sofa und ein Tisch aufgestellt. Im Kreativraum wird unter anderem die Tafel aufgehängt, daneben entsteht ein schallgeschützter Beratungsraum. „Das Zimmer mit einem weiteren Sofa dient als Rückzugsort, etwa für Einzelgespräche während der Gruppentreffen“, sagt Huhnholz. Zudem können an der neuen Adresse Schulungen stattfinden, unter anderem Supervisionen und Letzte-Hilfe-Kurse. Dabei werden die Teilnehmenden befähigt, mit Sterben und Tod besser umzugehen.Die Hospizhäuser in der Stadtmitte und in Heiligendorf beherbergen pro Jahr etwa 250 bis 300 Gäste. Menschen, die im Hospiz sterben, werden Gäste genannt. Im März 2005 zogen die ersten Gäste in das Hospizhaus in der Eichendorffstraße ein. Zwei Jahre später wurde die Trostinsel gegründet. Die ersten Treffen fanden im Dachgeschoss des Hospizes statt. Der Umzug in die Nachbarschaft erfolgte 2017. Huhnholz und ihre Kolleginnen und Kollegen sind darin geschult, mit trauernden und abschiednehmenden Kindern zu arbeiten.Beim Kickern komme man beispielsweise gut ins Gespräch. Mit Schnecken, die den Wasserschaden ebenfalls überstanden haben, zeigen die Kinder ihre Gefühle. In der Trostinsel passiere aber nicht nur Trauriges, betont Lucas Weiß. „Das Pizzabacken hat zum Beispiel viel Spaß gemacht. Und dabei erzählte mir ein Junge, dass er immer mit seinem Papa Pizza gebacken habe”, sagt Lucas Weiß.